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„Marxloh würde ich nicht abschreiben“

Asli Sevindim öffnet im BrostCast den Blick für „Problemviertel“ und ihre Bewohner

2. November 2022

Am stärksten fühlt sich Asli Sevindim, wenn sie richtig wütend ist – und das geht bei der Abteilungsleiterin „Integration“ im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen ziemlich schnell…

Im BrostCast (Staffel 2, Folge 6) mit Dr. Hajo Schumacher wird dann Klartext geredet statt amtlich formuliert, die frühere Journalistin und Schriftstellerin legt ihr Herz des Ruhrgebietskindes auf die Zunge. Viele Orte im Revier sehen nun mal „Scheiße aus“, die Menschen hier hätten gelernt „Staub zu fressen“. Und wenn Mitbürger mit rechter Gesinnung öffentlich pöbeln, würde sie diesen „Arschgeigen“ entgegenhalten „Ich bin das Volk!“.

Nach einer kulturellen und kulinarischen Exkursion durch Duisburg-Marxloh spaziert sie mit Schumacher beim Gespräch im Studio durch ihr Leben. Was der Moderator, zugespitzt, als „Vorhof zur Hölle bezeichnet“, ist für Sevindim „einfach mein Zuhause. Ich vergesse nie, wo ich herkomme.“ Sie hat Marxloh noch als „gutes Einkaufsviertel“ erlebt, die Bewohner deutsch-türkisch gemischt, ehe durch den massiven Arbeitsplatzabbau der soziale Niedergang begann. Dennoch lässt sich aus ihrer Wahrnehmung die aktuelle Situation im vielzitierten Problemstadtteil auch anders bewerten.

„Berlin kann jeder. Duisburg muss man wollen“

Aufdruck auf Asli Sevindims T-Shirt

„Marxloh ist der romantischste Ort im Ruhrgebiet. Nirgendwo sonst finden Sie so viele verliebte Menschen auf einem Haufen. Die Entwicklung zur Brautmoden-Hochburg ist doch toll. Als immer mehr Arbeitsplätz wegfielen, haben sich die Menschen überlegt, wie sie ihren Lebensunterhalt künftig bestreiten könnten.“

Asli Sevindim erzählt von ihrem spannenden Weg ins Leben, warum sie manchmal mit dem Taxi zur Schule fuhr oder wie der Kampf gegen eine Müllverbrennungsanlage sie als jungen Menschen geprägt hat. Reinhören – wenn Sie erfahren wollen, warum nur dagegen sein nicht reicht, um Dinge zu verändern.

Motivation zum Wechsel vom WDR in die politische Arena war für die Autorin von „Candlelight Döner: Geschichten über meine deutsch-türkische Familie“ der Wunsch nach Übernahme von Verantwortung. „Ich möchte auf der Seite derer stehen, die liefern müssen. Von außen, gerade vom Standpunkt des Journalisten, lassen sich die Dinge leicht kritisieren. Verwaltung ist zugegeben manchmal langsam, aber es ist eben auch wichtig, Dinge gründlich vorzubereiten, damit den Bürgern keine Nachteile entstehen.“

„Ich küsse den Boden dieses Landes. Wir können Missstände benennen und aktiv mithelfen, sie zu beseitigen. Es gibt immer weniger Plätze auf der Welt, an denen das möglich ist“

Asli Sevindim

Tatsächlich könnte sie sich sogar vorstellen, als Bürgermeisterkandidatin in Marxloh anzutreten. „Ich würde keines der Problemviertel im Ruhrgebiet abschreiben. Wenn Marxloh eine Aktie wäre würde ich zum Kauf raten…“

Weitere Bekenntnisse einer Überzeugungstäterin finden Sie überall, wo es Podcasts gibt. Hören Sie mal, warum Frauen Probleme oft besser lösen. An welchem Projekt Asli Sevindim ihren Erfolg fest macht. Und wie Landsleute aus der Nachbarschaft verhindern können, dass Neuankömmlinge aus der europäischen Nachbarschaft einfach „ihren Driss“ auf die Straße stellen…