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Rückblick: „Machtspiel“-Podcast mit Jan Fleischhauer live in Essen

Jan Fleischhauer, Benedict Neff und Sven Preger diskutieren live auf der Bühne.

Ist AfD-Politik ansteckend? Bei der Live-Premiere von „Machtspiel“, dem Politik-Podcast der NZZ und Brost-Stiftung, diskutierten die Teilnehmer unterhaltsam nicht nur die Frage nach dem medialen Umgang mit der Partei.

Das Kino gut besetzt und auf der Bühne amüsante Kurzweil – Podcast geht auch mit Popcorn! NZZ und Brost-Stiftung feierten die Live-Premiere ihres erfolgreichen Politik-Podcasts „Machtspiel“ im Filmstudio Glückauf in Essen.

Mit einem Gast, der offensiv die Kontroverse sucht und regelmäßig findet. Zum Auftakt diskutierten die Gastgeber Benedict Neff, Ressortleiter Ausland der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), und Sven Preger, Leiter Podcast der NZZ, mit Focus-Kolumnist und Autor Jan Fleischhauer zentrale Herausforderungen der deutschen Politik. Und vor allem die Frage, wie Journalisten darüber berichten.

Genauer gesagt berichten sollten. Neff hinterfragte zum Auftakt den medialen Mainstream im Nachbarland Deutschland während der Flüchtlingskrise, den er als Schweizer „zu regierungsnah“ empfunden hatte. Nach Fleischhauers Einschätzung zutreffend: „Aber die Selbstkritik währte nur kurz. Der Konformismus hat eher zugenommen.“

„Das Live-Format öffnet den Raum für Dialog – direkt mit unseren Hörerinnen und Hörern“

— Sven Preger, Leiter Podcast NZZ

In seiner Focus-Kolumne „Schwarzer Kanal“ arbeitet sich der frühere Spiegel-Redakteur an der woken gesellschaftlichen Realität in Deutschland ab, „rechts, aber lustig“ wie er sich selbst auf der Kinobühne verortete. Für die Podcast-Kinopremiere die perfekte Besetzung als Gast. Pointiert, streitlustig, meinungsstark. Und weitgehend ungetrübt von Selbstzweifeln: „Es reicht für meine Kolumne, wenn ich zu 51 Prozent von einem Standpunkt überzeugt bin. Und es ist nicht schlimm, wenn ich einmal daneben liege.“

Realitätssinn vs. Wolkenkuckucksheim

In der Diskussion mit Neff und Preger lieferte Fleischhauer bemerkenswerte Innenansichten zum politischen und medialen Umgang mit der AfD sowie deren Gefolgschaft. „Nicht mit und nicht über die AfD zu reden, hat der ParteIn der Diskussion mit Neff und Preger lieferte Fleischhauer bemerkenswerte Innenansichten zum politischen und medialen Umgang mit der AfD sowie deren Gefolgschaft. „Nicht mit und nicht über die AfD zu reden, hat der Partei einen aktuellen Stimmenanteil von 22 Prozent beschert.“ Er zitierte Bundestagsabgeordnete, die zugaben, keinen AfD-Kollegen aus dem Parlament zu kennen.
Benedict Neff versuchte, den Berührungsängsten vieler Journalisten mit rechten Politikern auf den Grund zu gehen: „Könnte es sein, dass manche Reporter Angst haben, von einem Björn Höcke kontaminiert zu werden? Oder ist es reines Schamgefühl bei der Behandlung des Themas?“
Die Bestandsaufnahme des deutschen Alltags beschrieb eine Politikverdrossenheit bis zur Entfremdung, in der Fleischhauer ein Gefühl der Bürger zu beobachten glaubt, von Teilen der Medien intellektuell „verachtet zu werden“. Es brauche mehr Realitätssinn in der Politik statt eines „weiter so im Wolkenkuckucksheim“. Fleischhauer: „Für viele Bürger steht Politik im völligen Gegensatz zu ihrer Lebenswirklichkeit.“

Jan Fleischhauer im Gespräch mit Sven Preger.

Für einen jüngeren Mann verlassen

Das richtige Leben holte den studierten Philosophen Fleischhauer zum Finale des Podcasts doch noch ein, als Sven Preger die privaten Hintergründe seines Buches „Alles ist besser als noch ein Tag mit dir“ thematisierte. Es geht um Trennung, Scheidung, Liebeskummer und Persönlichkeitsrechte.

Bis heute beschäftigt Fleischhauer offensichtlich das Trennungserlebnis, wissenschaftlich betrachtet natürlich: „Auch dies übrigens ein interessanter Gender­ Gap: Wenn ein Mann seine Frau für eine jüngere Frau verlässt, heißt es: ‚Das Schwein, der hat wohl Probleme mit dem Älterwerden.‘ Tritt der umgekehrte Fall ein, lautet die Reaktion: ‚Ach, wie schön, sie ist ihrem Herzen gefolgt.‘“

Ein gelungener Abend, der ein stückweit die Erfolgsgeschichte des Podcast-Formates unterstreicht. Zuweilen kann gerade ein längeres Gespräch kurzweilig unterhalten…

 

Hier gibt es den Podcast in voller Länge zu hören.

 

Über das Projekt

Der Politik-Podcast „Machtspiel“ ist eine Kooperation zwischen der NZZ und der Brost-Stiftung. Er schaut jede Woche auf Deutschland und streitet über das, was das Land bewegt. Analytisch, faktenbasiert und meinungsstark.