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Kirche und Schule brauchen mehr als fromme Wünsche

Im BrostCast beschreibt Schwester Ulrike ihren Alltag als Leiterin eines christlichen Gymnasiums

16. November 2022

Bei Ulrike Michalski offenbart das Podcast-Format tatsächlich eine Schwäche: Sie können die Frau nicht sehen! Sonst würden Sie noch neugieriger zuhören, wenn Hajo Schumacher mit der Direktorin eines Gymnasiums (1400 Schülerinnen und Schüler) diskutiert – die ihm in Ordenstracht gegenübersitzt!

Nicht nur das Outfit von Frau Direktor ist ungewöhnlich, auch die Anrede der Chefin. „Mich nennen alle Schwester Ulrike“, erzählt die Nonne vom Orden der Augustiner Chorfrauen, die die BMV-Schule Essen leitet, ein anerkanntes privates Gymnasium in Essen. Offiziell lautet ihr Name „Schwester M. Ulrike“, das M steht für Maria, die Mutter Gottes, deren Namen alle im Orden tragen. Im Gespräch wird schnell deutlich: „Schwester Ulrike“ blickt weit über die Mauern ihres benachbarten Klosters hinaus.

Trotz aller gefühlten Berufung betrachtet sie „ihre“ katholische Kirche sehr kritisch: „Es gibt keinen theologischen Grund, Frauen die priesterliche Weihe zu verweigern. Viele spüren eine Berufung, und ich würde ihnen und unserer Kirche wünschen, dass sie diese leben könnten.“

Gleichklang von Bildung und Erziehung

Sie selbst hat ihre Berufung in der Oberstufe des Gymnasiums bemerkt, dem sie heute vorsteht: 1979 machte Ulrike Michalski Abi an der BMV-Schule. Lassen Sie sich erzählen, wie die damals 19-Jährige Gottes Ruf gehört hat…

Eine der Konsequenzen aus der Wahl des Lebensweges: „Schwester Ulrike“ besitzt heute nichts mehr. „Mit dem Gelübte verpflichtet man sich zum Gemeinschaftseigentum. Alles gehört allen. Wir führen kein Leben in Armut, aber eines ohne Ansprüche.“ Streng genommen gehört ihr nicht einmal das Mobiltelefon.

Für die Handynutzung gibt es an der „BMV“ (Abkürzung für Beatae Mariae Virginis/Seelige Jungfrau Maria) übrigens strenge Regeln. „Bis Ende der Sekundarstufe 1 bleibt das Smartphone aus, Oberstufenschüler dürfen es im Notfall nutzen.“ Was ist sonst noch anders als an den Regelschulen? Schwester Ulrike: „Wir betrachten die Schule als eine soziale Instanz, sehen Bildung UND Erziehung als gleichrangige Herausforderung.“ Ältere Schüler helfen jüngeren bei den Hausaufgaben, die wiederum kümmern sich zum Beispiel im Essener Franz-Sales-Haus um behinderte Menschen. Alles auf der Basis christlicher Werte, die nicht nur an gemeinsam von Schülern und Lehrern organisierten Bibelwochenenden vermittelt werden. Schwester Ulrike ist überzeugt: „Wir werden als christliche Schule positiv bewertet, Kirche wird positiv erlebt.“

Machtapparat Kirche steckt in der Krise

Umso mehr hadert sie mit dem „Machtapparat“, der in einer tiefen Krise stecke. „Die Zahl der Kirchenaustritte erschüttert uns, mit jeder Missbrauchsstudie lässt sich die nächste Austrittswelle vorhersagen.“ Sinkende Kirchensteuern könnten irgendwann auch die Finanzierung ihrer Schule in Frage stellen, „aber jetzt hat erst einmal die Stadt Essen für die nächsten fünf Jahre die Betriebskosten übernommen.“ Hören Sie einmal rein, warum Schwester Ulrike christliche Schulen nicht nur als „Beiboot der Kirche“ betrachtet…

Übrigens zeigt die engagierte Pädagogin auch klare Kante gegenüber der „weltlichen“ Politik. „Schule braucht in erster Linie Ruhe im System. Dazu braucht es klare Leitplanken, die von ober festgelegt werden. Die Politiker machen sich zum Beispiel kein Bild davon, was es bedeuten würde, wenn jede einzelne Schulkonferenz selber festlegen soll, ob künftig um neun Uhr die Schule beginnt.“ Am Ende entscheide immer die Höhe des Bildungshaushaltes über die Stärkung von Lehrpersonen und den Bildungserfolg. Schwester Ulrike: „ Es ist ein Märchen, den Erfolg des finnischen Systems gegenüber dem deutschen zu loben. Dort haben wir Kleingruppen, während hier in den Großstädten Klassenstärken von über 30 normal sind. Zu den Fachlehrern unterstützen in Finnland weitere Pädagogen die Schüler.“

Wo Politiker genau hinschauen sollten, wie der christliche Bildungsauftrag seit 20 Jahre auch an „Besinnungstagen“ gelebt wird und was Schwester Ulrike mit Ex-Schlagerstar Juliane Werding verbindet  – ein ungewöhnlicher BrostCast. In dem die Schulleiterin auch von den frustrierenden Begegnungen mit Eltern erzählt. Reinhören, überall wo es Podcast gibt!