Zum Inhalt springen

Der Komet ist eingeschlagen!

Udo Lindenberg begleitete die Eröffnung seiner Kunstausstellung musikalisch. Eine denkwürdige Party im Schloss Oberhausen

Darauf hatten seine Fans jahrelang gewartet: Udo Lindenberg (erstmals nach dem 30. Juli 2022) wieder live auf der Bühne! Mit „Hinterm Horizont geht´s weiter“ eröffnete der Panikrocker im malerischen Innenhof von Schloss Oberhausen am Donnerstagabend ein Gänsehaut-Konzert vor 450 Zuschauern. Begleitet lediglich von Jean-Jacques Kravetz am Piano statt vom gleichnamigen Orchester. Denn eigentlich war Udo nicht als Sänger gekommen – sondern als Maler!
In der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen werden unter dem Motto „Kometenhaft panisch. Likörelle, Udogramme, nackte Akte & viel mehr“ ab diesem Wochenende mit Unterstützung der Brost-Stiftung mehr als 300 Zeichnungen und Bilder des „Meisters“ gezeigt, entstanden seit den 1970er Jahren. Von großen bunten Formaten bis zu den gezeichneten Selbstporträts mit Hut sowie den legendären „Likörellen“, Aquarellen mit Eier-, Kirsch- und Pfefferminzlikör. „Weltweit patentiert“, wie Lindenberg bei der Eröffnungsparty erzählte. Entstanden nicht selten im „Brausebrand“ und der Nachwelt nur erhalten, weil sie abschließend mit Haarspray fixiert worden waren.

„Ein gutes Stück meines Herzens blieb natürlich hier. Dieser Ruhrpott-Klartext, charmant (aber auch schön direkt) und das kumpelmäßige miteinander umgehen haben mich beeindruckt und ganz bestimmt auch geprägt.“

— Udo Lindenberg

Der ganz persönliche „Einschlag“ des Kunstkometen in „Schloss Udohausen“ (so Lindenberg) bildete den Höhepunkt eines denkwürdigen emotionalen Abends, der sich am ehesten als Hochamt für einen der größten Künstler der Region beschreiben lässt. Um ihn noch enger mit dem Ruhrgebiet zu verknüpfen, war Professor Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung, sogar willens, Lindenbergs Geburtsort Gronau, ins nördliche Ruhrgebiet zu ziehen…

„Wer sich einlässt entdeckt nicht nur verschiedene Seiten dieses Künstlers. Er entdeckt „Kometenhaft panisch“ was über sich selbst.“

— Prof. Bodo Hombach, Vorsitzender des Vorstands der Brost-Stiftung

Im eingespielten Film von Christoph Rüter machten sich berühmte Zeitzeugen (Schauspieler Joachim Król) und Weggefährtinnen (Sängerin Ina Humpe) auf Spurensuche nach Lindenbergs Wurzeln, den Gründen für seine ungebrochene Popularität und der Faszination über Generationen von Menschen hinweg. Die belegte Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, mit einer persönlichen Anekdote: „Meine Tochter besucht den Kindergarten, sie ist in der „Raketengruppe“. Die Kinder singen sehr oft lauthals „Komet“ und haben dabei Spaß, bis der Hut wegfliegt…“
Die Botschaft des Abends und des „tief berührten“ Udo Lindenbergs geht aber in Musik und Malerei über reines Entertainment hinaus. Sein Lebenswerk steht für ein wertschätzendes Miteinander aller Menschen in Frieden und Freiheit. „Menschenfamilie“ heißt eines der Großformate in der Ausstellung, an anderer Stelle stellt er mit den „Pimmelköppen“ rechte Schreihälse bloß. Dafür habe er Acrylfarbe mit Blut (auch seinem eigenen) und Straßendreck gemischt, der Großteil sei allerdings Kunstblut gewesen.

„Udo Lindenberg setzt sich seit Beginn seiner Karriere für Demokratie und Gerechtigkeit ein. Gleichzeitig bekämpft er Intoleranz, Hass und Diskriminierung.“

— Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen

Die Bilder im Hauptgebäude des Schlosses, liebevoll sachkundig von Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt kuratiert, vermitteln pointierte und genial zugespitzte Einblicke in menschliches Miteinander („hochkeusch“ laut Lindenberg) sowie biblische Weisheiten in nicht selten misslungener kirchlicher Umsetzung.

„Neben der friedliebenden Menschenfamilie kommt das ganze Personal des lindischen Universums vor: von Elly Pyrelli über den Detektiv, der niemals schlief, bis hin zu den Udonauten.“

— Dr. Christine Vogt, Direktorin der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Live auf der Bühne bekräftigte Deutschlands erfolgreichster Musiker noch einmal seine Haltung. „Wie oft muss ich dieses Lied noch singen“, fragte Lindenberg vor dem Song „Wozu sind Kriege da?“ ins Publikum. „Aber hinter diesen Zeiten gibt´s wieder neue Zeiten. Die Ganoven, die jetzt dran sind, die Spruchkasper und Menschenverächter sind auch wieder weg.“ Er will noch lange bleiben, lud im Überschwang des Abends Freunde, Wegbegleiter und Fans zum „Konzert der Hundertjährigen“ ein, das für 2046 auf seinem Tourneeplan stehe.

„Diese Ausstellung zeigt bildgewordene Emotionen.“

— Daniel Schranz, Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen

Wer vorher noch zur Ausstellung nach Oberhausen (geöffnet Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt 12,00 Euro) anreisen will: Bringen Sie reichlich Zeit mit, mindestens einen halben Tag. Es gibt nicht nur Spektakuläres zu sehen, sondern auch Bekanntes zu hören: Udos Freund und Co-Kurator Frank Bartsch präsentiert im Seitenflügel des Schlosses eine Diskografie aller 40 Lindenberg-Studio-Alben. „Hier laufen 60 Mediaplayer, die Besucher können per Kopfhörer alle Alben komplett anhören“, verspricht er.

Foto: © Tine Acke


Grußwort von Prof. Bodo Hombach, Vorsitzender des Vorstands der Brost-Stiftung

Verehrter Herr Ministerpräsident Wüst,
Verehrte Herren Oberbürgermeister Schranz und Dudda,
Verehrte Frau Dr. Vogt,
Verehrter, lieber Udo Lindenberg,
verehrte Künstler und Möglichmacher,
verehrte, liebe Gäste jedweden selbstgewählten Geschlechtes,

in Tönen träumen, in Farben denken, mit Worten kämpfen. Geist und Körper. Udo Lindenberg strapaziert das alles, um auszudrücken, was verstanden sein soll. Wir erleben ein Gesamtkunstwerk. Mensch und Ort haben sich gefunden. Nicht Gesäusel - Klartext statt Krawatte. Ort mit Geschichte – Mann mit Eigenschaften. Immer geradeaus. Immer mit Herz. Immer mit Augenzwinkern. Nicht aus dem Pott aber Bruder im Geiste. Gronau im südlichen Münsterland adoptieren wir als nördliches Ruhrgebiet. Der Künstler ist Weltbürger. Für ihn gilt „Ich könnte nie nationalistisch sein. Die ganze Welt ist mir ja schon zu klein.“

Er macht weite Sprünge. Aber von sicherem Grund. Er hat Wurzeln. Rebellisch – nie elitär. Er stellt sich neben die Menschen - nie hat er sich über sie erhoben. „Unser Udo“, sagen die Leut`, und das ist der Ritterschlag. Das ist selten.

Die Ludwiggalerie hier im Schloss präsentiert das „Phänomen Udo Lindenberg“. Das ist mehr als eine Person und ihr Werk. Das öffnet Blockaden. In der Nachkriegszeit eingeschlafen sind wir in der Vorkriegszeit aufgewacht. Lindenbergs Themen sind Friede, Liebe, Eigenwillig statt Mitläufer, ehrlich und solidarisch.

In einer Welt zwischen Schockstarre und Taumelflug. Hier wirkt ein paar Wochen ein „Auge des Orkans“. Nicht Panic-Room aber auch nicht Idyll. Mir gefällt der Gedanke Kultur als „Auge des Orkans“. Mittendrin - plötzliche Stille.

Draußen Getöse, Wirbel, Zerstörung, Dummheit und Zerfall. Hier konzentriert sich spielerisches Potential und menschliche Nähe. Kreatives Verwirren – kometenhaft nicht panisch.

Ein Mann mit Filzhut und Sonnenbrille. Er schiebt die Unterlippe vor und nörgelt einen zärtlichen Song. Er macht „sein Ding“. Trotzig und liebevoll. Wenn der Tod ihm die Chance gäbe, er würde sein Leben genauso wiedermachen. Ein Mann. Ein Ort.

Das Rittergut Oberhausen wird schon im 13. Jahrhundert erwähnt. 500 Jahre bewacht es die Emscherfurt. Den Zweiten Weltkrieg mühsam überlebt. Nach Zusammenbruch und Befreiung gab es der ersten NS-Dokumentation Raum.

Heute lebendiger Kulturort – mit beliebtem Archiv für Comics und Karikaturen. Es gibt einen „Trauraum“ für junge Paare. Und nun zum ersten Mal eine Gesamtschau des „Udoversums“. Udo Lindenberg schreibt, komponiert, musiziert, zeichnet und malt. Im Hauptfach ist er Udo Lindenberg. Der testet Grenzen und Tabus. Wie Picasso könnte er sagen „Ich suche nicht. Ich finde.“

Wer sich einlässt, entdeckt nicht nur die verschiedenen Seiten dieses Künstlers. Er entdeckt „Kometenhaft panisch“ was über sich selbst. Passt so einer in die heutige Zeit? Welche dumme Frage!

Wir danken Udo Lindenberg - schön, dass es Dich gibt. Ich danke allen, die diese Begegnung gewollt und ermöglicht haben. Ich danke den wunderbaren Besuchern, die sich dafür öffnen.