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Blick aus Kuba aufs Revier

Blick aus Kuba aufs Revier

Im neuen Projekt der Brost-Stiftung gehen zwei südamerikanische Künstler auf menschliche und historische Schatzsuche im Ruhrgebiet

Was haben Fidel Castro und Rudi Assauer gemeinsam? Der verstorbene kubanische Staatschef und die Schalke-Legende rauchten die gleichen Cohiba-Zigarren…

Das Ruhrgebiet und Kuba verbindet möglicherweise noch viel mehr: Niedergang und Zusammenbruch der Zuckerindustrie in Südamerika vollzogen sich beispielsweise fast zeitgleich mit der Krise der Schwerindustrie in Deutschland. „Und die Zuckerindustrie konnte leider bis heute nicht gerettet werden“ , analysiert der kubanische Autor Jesus Irsula. Der Germanist (studierte u.a. in Leipzig) kommt im Rahmen des neuen Projektes der Brost-Stiftung gemeinsam mit Sohn und Maler Arian nach Mülheim an der Ruhr.

Analog zum Metropolenschreiber-Projekt sollen sie sich ein Jahr lang auf menschliche, kulturelle und historische Schatzsuche im Ruhrgebiet machen. Zum Abschluss des Aufenthaltes ist ein Buchprojekt geplant, das der bildende Künstler Arian Irsula illustriert. Gleichzeitig will er die entstanden Kunstwerke in einer Ausstellung präsentieren.

 

 

Kreatives „Künstlerhaus“

„Der fremde Blick ist darauf gerichtet, Gefühle von alten Industriearbeitern und ihren Nachkommen zu erfassen, sowie den Familienalltag an der Ruhr literarisch zu dokumentieren“, beschreibt Jesus Irsula seine Herangehensweise. Die inhaltliche Nähe zum Metropolenschreiber-Projekt stellt sich dabei auch räumlich dar: Die Kubaner werden im gleichen Haus untergebracht. So entsteht eine Art Künstler-WG, die zum kreativen Austausch einlädt.

Jesus Irsula: „Zu berücksichtigen ist der vorhandene soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rahmen, in dem Industriekultur, Kreativität, Strukturwandel, Bildung, technische Innovationen, aber auch Probleme wie Arbeitslosigkeit, Verlust des Zugehörigkeitsgefühls und der Kampf für die Erhaltung des architektonischen Erbes aus der industriellen Zeit interessante Themen sind.“ Sohn Arian werde die Ruhr, ihre Städte, und ihre soziokulturelle und wirtschaftliche Entwicklung in den letzten 200 Jahren malerisch gestalten.

Klischees erschüttern

Mit dem diesem Projekt sollen Routinen und vermeintliche Gewissheiten der alltäglichen Innenschau des Ruhrgebietes und seiner Bewohner hinterfragt, im Idealfall tradierte Klischees erschüttert und künstlerisch abgebildet werden. Dazu sollen die Gastkünstler in Kontakt und Austausch mit der lokalen Szene und den Menschen der Region treten. Das entstehende Abschlusswerk könnte  dauerhaft im Revier ausgestellt werden.

Der 1953 auf Kuba geborene Jesus hat eine besondere Beziehung zu Deutschland. Er war eine Zeit lang Dolmetscher von Fidel Castro und hat durch diese Arbeit viele Staatsmänner der Welt hautnah erlebt. Nicht zuletzt Persönlichkeiten aus Deutschland wie Willy Brandt, Erich Honecker, Günter Grass oder Udo Lindenberg.

Zweite Heimat Deutschland

Auch für seinen Sohn ist Deutschland eine zweite Heimat geworden. Nach dem Abschluss als Maler und Bildhauer 2002 an der Akademie der Bildenden Künste „San Alejandro“ in Havanna folgten mehrere Dutzend Aufenthalte, verbunden mit Ausstellungen, in fast allen Gegenden Deutschlands und auch in anderen europäischen Ländern.

Arian nutzt eine besondere Technik: Er bemalt Oberflächen, sei es Leinwand oder anderes Material, mit Farben, meist Acryl. Dann fotografiert er Details seiner Werke ab und gibt die von der Kameralinse aufgefangenen „kosmischen Bilder“ wieder. Parallel dazu hängen die bemalten Originalflächen.