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„Unser Männlichkeitsbild ist im Wandel“

„Unser Männlichkeitsbild ist im Wandel“

In der Gelsenkirchener Kaue stellte Comedian Tony Bauer den „Männeratlas Ruhr“ der Brost-Stiftung vor. Bei seinem ersten Auftritt nach dem Aus bei „Let’s dance“ drehte sich alles um alte und neue Männlichkeitsbilder im Revier.

Von der Uniklinik direkt auf die Bühne: Nach seinem gesundheitlich bedingten Aus bei der TV-Show „Let’s dance“ hat Comedy-Star Tony Bauer in der Gelsenkirchener Kaue den neuen „Männer-Atlas Ruhr“ der Brost-Stiftung präsentiert. „Es war ungewohnt, nach diesem ganzen Tanz-Ding wieder auf ne Bühne zu stehen und Stand-up-Comedy zu machen“, sagte der Duisburger Comedian. Mit Bezug auf das Stiftungsprojekt „Jungs ausm Pott“ sagte der 28-Jährige: „Ich glaube, dass das Männlichkeitsbild im Wandel ist und dass viele Sachen, die früher an der Tagesordnung waren, heute gar nicht mehr so wichtig sind.“ Bauer selbst leidet seit seiner Kindheit am seltenen Kurzdarmsyndrom und muss weitgehend künstlich ernährt werden. Eigenen Angaben zufolge wiegt er zurzeit nur noch 51 kg, weil er für die Tanzshow täglich viele Stunden trainieren musste. Bei seinem Kurzauftritt nahm Bauer das traditionelle Männerbild seiner Jugendfreund aufs Korn und betonte nach der Show: „Ich glaube, das stärkste Männlichkeitsbild, das man verkörpern kann, ist, genau zu wissen, wer man ist und sich dabei nicht ins Wanken bringen zu lassen.“

Ein Online-Tool für Ruhrpott-Männer

Die Brost-Stiftung hatte in die Kaue in Gelsenkirchen geladen, um den „Männeratlas Ruhr“ vorzustellen. Dieses Online-Tool vereinigt erstmals 77 Anlaufstellen für Jungs und Männer im gesamten Ruhrgebiet – soziale Projekte für benachteiligte Jungen, Männergruppen, Anti-Aggressions-Trainings, mobile Jugendzentren und vieles mehr. Neun besonders herausgehobene Projekte präsentiert „Jungs ausm Pott“ mit einer Web-Serie auf Youtube.

Auf der Bühne der Kaue diskutierten vier Vertreter dieser Anlaufstellen darüber, was moderne Männlichkeit im Ruhrgebiet bedeutet und woran es den Jungs und Männern im Revier noch fehlt.  Marcel Kaya, der mit den Duisburger „HeRoes“ Workshops zu Männlichkeitsbildern in Schulen gibt, warnte: „Das Patriarchat schadet auch den Jungs. Es sind diese harten Anforderungen an Männer, nie Schwäche zu zeigen, die am Ende zu viele in Krisen oder sogar den Selbstmord treibt“, Männer seien schließlich weiterhin deutlich suizidgefährdeter als Frauen. Der Dortmunder Anti-Aggressionstrainer Nico Schüssler betonte, wie wichtig es gerade für junge Männer sei, Anerkennung, Wertschätzung und Selbstdisziplin zu finden – eine gute Möglichkeit dazu sei natürlich der Sport. „Bei uns in der Kampfschule mischen und treffen sich auch alle Gruppen, da ist jeder willkommen, egal welche Sexualität oder Religion der hat.“ Ben Mintrop von den together-Jugendzentren für schwule Männer pflichtete Schüssler bei, dass es wichtig sei, sich nicht in eng definierte Blasen abzuschotten: „Heute ist es auch im Ruhrgebiet ganz normal, sein Privatleben nicht zu verstecken.“ Sandra von Au vom Amigonianer-Verein stellte klar, dass auch die Jugendlichen mit Fluchterfahrung, die sie im Projekt „Schalker Jungs“ betreut, offen für neue Männlichkeitsbilder seien: „Der Mann an der Herdplatte zum Beispiel ist bei uns ganz normal.“

Der „Männeratlas Ruhr“ ist das zweite Ergebnis des Stiftungsprojekts „Jungs ausm Pott“. Im vergangenen Jahr hatten dessen Macher Hatice Akyün, Hilmar Poganatz und Hajo Schumacher in Essen den „Männerkompass Ruhr“ vorgestellt, in dem sich Prominente wie Frank Goosen, Manni Breuckmann, Yasemin Cetinkaya und Ingo Schulze mit den Jungs und Männern des Ruhrpotts auseinandergesetzt hatten.