Ein Blick auf soziale Verantwortung vor der Bundestagswahl

Der Abendtisch im Don-Bosco-Club
Wie soziale Einrichtungen wie der Don-Bosco-Club zur politischen Verantwortung anregen und welchen Einfluss die kommende Wahl auf Projekte für benachteiligte Kinder haben könnte.
Wenn sich die Türen des Don-Bosco-Clubs in Essen öffnen, ist es für viele Kinder und Jugendliche weit mehr als nur ein gewöhnlicher Treffpunkt. Es ist ein Ort der Gemeinschaft, ein sicherer Hafen – und für manche die einzige Möglichkeit, eine warme Mahlzeit zu bekommen. Der von der Brost-Stiftung unterstützte „Abendtisch“ bietet täglich 20 bis 50 Kindern ein Essen in familiärer Atmosphäre. Doch hinter diesem Angebot steckt weit mehr als bloße Essensausgabe. Der „Abendtisch“ fördert Gemeinschaft und Chancengleichheit – Werte, die auch in der politischen Diskussion rund um die Bundestagswahl von Bedeutung sind.

Wie der Abendtisch entstanden ist
Jan Beewen, Einrichtungsleiter des Don-Bosco-Clubs, beschreibt, wie das Projekt ins Leben gerufen wurde: „Wir haben festgestellt, dass viele Kinder und Jugendliche, die nach der Schule zu uns kommen, bis zum Nachmittag noch nichts gegessen haben. Sie haben kein Pausenbrot dabei, kein Geld für die Schulkantine und oft gibt es zu Hause kein Abendbrot. Das ist ein Grundbedürfnis, das gedeckt werden muss.“
Ein Wahlkampfthema? Kinderarmut in Deutschland
Viele der Kinder, die den Don-Bosco-Club besuchen, stammen aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Den Stellenwert von sozialen Einrichtungen wie dem Don-Bosco-Club beschreibt der Einrichtungsleiter als unerlässlich. „Wir merken es jeden Tag. Das Projekt ‚Abendtisch‘ ist jeden Tag voll. Wenn die Kinder nicht bei uns wären, würden sie höchstwahrscheinlich irgendwo Mist bauen.“
Doch der Abendtisch bedeutet nicht nur, den Hunger zu stillen. Er ist ein Ort, an dem Tischkultur und Respekt vor anderen vermittelt werden. Hier lernen die Kinder einfache, aber grundlegende Dinge wie das gemeinsame Essen mit Messer und Gabel oder das Selbstverständnis, „Bitte“ und „Danke“ zu sagen.

„Überwiegend kommen die Kinder und Jugendlichen zu uns, weil sie sich bei uns angenommen fühlen und Gemeinschaft erleben“
— Jan Beewen, Einrichtungsleiter des Don-Bosco-Clubs
„Kinder sind keine Zielgruppe für Parteien“
Die Notwendigkeit solcher Projekte zeigt, wie tief die soziale Ungleichheit in Deutschland verwurzelt ist. Laut aktuellen Studien lebt jedes siebte Kind in Deutschland in Armut. Doch Armut bedeutet nicht nur finanzielle Knappheit – sie bedeutet oft auch Bildungsdefizite, mangelnde soziale Teilhabe und einen erschwerten Start ins Leben.
Auch in der politischen Bildung kann ein Ort wie der Don-Bosco-Club eine Rolle spielen. „Hautfarben, Religionen, Behinderungen spielen bei uns keine Rolle. Es wird gelebt, dass alle zusammengehören und jeder willkommen ist. Wenn wir den Kindern dieses Miteinander vorleben, ist das auch eine Form politischer Bildung.“

Politik in der Verantwortung
Die bevorstehende Bundestagswahl wirft Fragen auf: Welche Rolle spielt die Bekämpfung von Kinderarmut in den Wahlprogrammen? Werden soziale Einrichtungen ausreichend unterstützt? Beewen hat klare Erwartungen an die Politik: „Ich würde mir wünschen, dass ein verstärktes Augenmerk auf Kinder und Jugendliche gerichtet wird und dass wir vor allen Dingen, die sozial Benachteiligten, nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern insgesamt sozial benachteiligte Menschen, mehr in den Blick nehmen.“ Zudem fordert er, Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen. Doch bisher bleibt die Kinder- und Jugendpolitik oft hinter anderen politischen Themen zurück – auch, weil Kinder keine Wählerstimmen abgeben.
„Wenn öffentliche Mittel für solche Projekte gestrichen werden, wird es für Einrichtungen wie den Don-Bosco-Club schwierig zu überleben“, mahnt Beewen. „Von daher sind wir jetzt schon, wo die Mittel knapp sind, auf so tolle Partner wie die Brost-Stiftung angewiesen, die uns da unterstützen, wo der Staat und die Kommunen es nicht schaffen.“
Der Ausgang der Wahl wird entscheidend für Projekte wie den Abendtisch sein. Einsparungen im sozialen Sektor könnten das Angebot gefährden – gleichzeitig bietet eine neue Legislaturperiode auch Chancen für mehr Investitionen in Bildung und soziale Gerechtigkeit.
Zudem zeigt sich eine bedenkliche Entwicklung in der politischen Bildung junger Menschen. „Bei der letzten Juniorwahl an Schulen war der hohe Stimmenanteil für rechte Parteien erschreckend. Es zeigt, dass sich viele Jugendliche nicht von der aktuellen Politik abgeholt fühlen“, so Beewen.
Beewen betont, dass Politik und Gesellschaft sich stärker für Kinder einsetzen müssen. „Wir dürfen die auseinanderklaffende soziale Schere nicht noch weiter aufmachen, sondern müssen diejenigen, die am unteren Ende der finanziellen Mittel stehen weiter stärken. Dazu gehört, in Bildung zu investieren – nicht nur in Schulen, sondern auch in außerschulische Angebote und Jugendbildung.“