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Ruhrpott-Party mit Gänsehautgefühl

Ruhrpott-Party mit Gänsehautgefühl

Brost-Ruhr Preis 2024 im ausverkauften Schauspielhaus Bochum an Dietmar Bär, Joachim Król, Peter Lohmeyer und Armin Rohde verliehen

Da standen sie nun am Bühnenrand, mit feuchten Augen, jeder hielt des Anderen Hand. Dietmar Bär, Joachim Król, Peter Lohmeyer und Armin Rohde verbeugten sich immer wieder, das begeisterte Publikum, längst stehend, wollte dennoch einfach nicht mit dem Klatschen aufhören. Für die vier gefeierten Ausnahmeschauspieler eine eigentlich gewohnte Szenerie – aber an diesem Abend der Brost-Ruhr Preisverleihung ging es um mehr als eine gut gespielte Rolle. Diesmal verneigten sich 800 Zuschauer im Saal vor vier Menschen und ihrer künstlerischen Lebensleistung.
Ein emotionaler Jubelsturm für „Vier von Hier“, die es geschafft haben, zupackend, beispielhaft, Mut machend. Mit viel Humor, vor allem niemals abgehoben!

„Die Karrieren dieser vier überragenden Künstler sind ein Symbol für die Stärke des Ruhrgebiets.“

— Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, in der Laudatio

Schon vor dem Schlussapplaus hatte sich die anwesende Ruhrgebietsfamilie an diesem denkwürdigen Abend bereits zum minutenlangen Beifall von den Sitzen erhoben. Wer hier ohne Gänsehaut zusah und keine Träne verdrückte, sollte über einen Umzug aus der Region nachdenken…

Die gut zweistündige Zeitreise auf der Achterbahn der Gefühle belegte eindrucksvoll, warum Bär, Król, Lohmeyer und Rohde die von der Brost-Stiftung alljährlich verliehene Auszeichnung mehr als verdienen. Sie glänzten, jeder für sich, beim selbstgestalteten Liveauftritt nach der Preisübergabe. Nachdem sie vorher gemeinsam in einem von Regisseur Christoph Rüter gedrehten Film die Herzen des Publikums berührt hatten.

„Dieser Treffpunkt ist Hommage an vier großartige Künstler. Ihr Können und Charisma wurden in diesem Haus entdeckt, entwickelt und gestärkt.“

— Professor Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung

Neben seltenen und exklusiven Einblicken ins Privat- und Seelenleben der herausragenden Schauspieler gab es „Ruhrgebietspädagogik“ aus erster Hand. Die Zuschauer sahen Bilder aus dem Familienalbum, Dietmar Bär, Joachim Król, Peter Lohmeyer und Armin Rohde begegnen noch einmal der Jugend im Pott sowie ihren Vätern. Emotionen pur unter und über Tage.
Am Ende lauschen alle im Saal einer A-Capella-Fassung (drei Strophen!) des „Steigerliedes“, wie sie es garantiert noch nie gehört hatten…

„Wir hatten einfach großen Spaß!“

— Dietmar Bär über die gemeinsame Zeit am Bochumer Schauspielhaus 1984

Dem Anlass entsprechend traten an diesem Abend Persönlichkeiten in Nebenrollen auf, die sonst im Mittelpunkt stehen. Weltstar Till Brönner legte mit der Trompete, zusammen mit Dieter Ilg am Kontrabass den Klangteppich für die Preisträger aus, Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, hielt eine launige Laudatio. Mit vielen Lachern und zugleich ernsthaften Kernbotschaften: „Niveau und Humor schließen sich nicht aus“.

„Danke, Bochum! Ich habe bekanntlich nah’ am Wasser gebaut, aber heute Abend ist es besonders schlimm…“

— Armin Rohde nach der Preisübergabe

Bevor dann endlich (aus Sicht der vier zu Tränen gerührten Männer) der Vorstand der Brost-Stiftung (Prof. Bodo Hombach, Dr. Boris Berger und Christoph Dinklage) die Preise übergab. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 100.000 Euro dotiert, die von den Preisträgern an soziale und kulturelle Projekte ihrer Wahl weitergereicht wird.

„Der heute verliehene Preis ist ein Riesengeschenk für uns Vier.“

— Joachim Król

Dafür bedankten sich die „Vier von Hier“ auf unnachahmliche Weise: Król und Lohmeyer präsentierten eigene Texte, Bär löste Lachsalven aus mit einem Stück des Kabarettisten und Schriftstellers Kai Magnus Sting, in dem die Eigenheiten der Ruhrgebietsküche aufs Korn genommen werden. Einen (stehenden) Beifallssturm entfachte Rohde mit seiner „Darstellung mit Gesang“, in der er die frustrierenden Erfahrungen einer Theaterprobe in den Text eines alten Schlagers packte.

„Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, heimzukommen auf diese Bühne.“

— Peter Lohmeyer

DAS IST DER BROST-RUHR PREIS

Seit 2020 vergibt die Brost-Stiftung den Brost-Ruhr Preis jährlich an Personen, Gruppen oder Institutionen, die sich auf herausragende Weise für das Ruhrgebiet einsetzen. Der Preis würdigt ihre Leistungen und soll das öffentliche Bewusstsein für diese Verdienste schärfen. Gleichzeitig möchte die Auszeichnung andere dazu inspirieren, sich ebenfalls für die Region zu engagieren – unabhängig davon, ob sie im Ruhrgebiet leben oder nicht.
Erster Preisträger war NRW-Innenminister Herbert
Reul mit der eingravierten Begründung „Der sich um unsere Sicherheit kümmert“. Es folgten der Journalist und ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen („Der dem Revier Bild und Stimme gegeben hat“), die drei Palliativmedizinerinnen Dr. Marianne Kloke, Dr. rer. nat. Ferya Banaz-Yasar und Dr. Nicole Selbach („Für Ihren herausragenden Beitrag zur Menschlichkeit unserer Gesellschaft“) sowie die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz, Energie und stellvertretende NRW- Ministerpräsidentin Mona Neubaur („Eine, auf deren Unterstützung das Ruhrgebiet in schwieriger Zeit bauen kann“).
Die Auszeichnung ist neben dem Ehrenpreis mit einer Dotation (in diesem Jahr insgesamt 100.000 Euro) ausgestattet, die von den Preisträgern an soziale und gesellschaftlich relevante Projekte weitergegeben werden.

Grußwort unseres Vorstandsvorsitzenden, Professor Bodo Hombach

Welch‘ wunderbarer Auftakt, lieber Herr Brönner, Danke. Mit dem Amsterdamer Tanztheater hat Ihre Musik hier kürzlich Jubel ausgelöst. Die Sprache Ihre Trompete dürfen wir gleich erneut hören. Auch Ihnen Dank, liebe Frau Heinrich. Sie haben eine Menge Trophäen im Schrank. Den Deutschen Fernsehpreis und den Deutschen Radiopreis als beste Moderatorin. Mit Ihrer Professionalität werden Sie uns vier Persönlichkeiten mit ihren autonomen, eigenwilligen und gewinnenden Charakteren präsentieren.


Verehrte stellvertretende Ministerpräsidentin Frau Neubaur,
Verehrte liebe Frau Ministerin Brandes,
Verehrte liebe Frau Becker,
Verehrte liebe Herren Oberbürgermeister,
Buchholz, Dr. Dudda und Eiskirch
Verehrte liebe Gäste jedweden Ranges
und selbst gewählten Geschlechts,
Verehrte liebe Herren Oberbürgermeister,
Herr Buchholz, Herr Duda, Herr Eiskirch.


Dieser Treffpunkt ist Hommage an vier großartige Künstler. Ihr Können und Charisma wurden in diesem Haus entdeckt, entwickelt und gestärkt.
Die Welt der Bühne ist Bühne der Welt – die allerdings ist in Turbulenzen.


Wohlstands- und Steuerversenker rödeln herum. Realität beugt sich keiner Ideologie. Denk- und Sprachregulierer interpretieren Demokratie als Herrschaft über das Volk. Der Wohlfühlfaktor einer ideologisch „betreuten“ Gesellschaft ist begrenzt. In der fühlen sich etliche wie in einem kratzigen Pullover. Sie fürchten, Kontrolle über ihre Zukunftsgestaltung verloren zu haben. Dass die nicht falsch abbiegen, muss ständiges Bemühen auch parteiunabhängiger Stiftungen sein.

Unsere Stifterin hielt nichts von Populisten oder von Apokalyptikern. Die leben vom Problem und lösen keines. Sie hat sich nie zur „Resignation“ hinreißen lassen. Optimistische Menschen neigen dazu, an das Gute in anderen zu glauben. Das fördert Vertrauen und Solidarität. Sie wusste, es braucht Verbündete gegen geistige Obdachlosigkeit und intellektuelle Verwahrlosung.


Deshalb begrüße ich mit Freude - auch in Ihrer aller Namen – herzlich die Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein - Westfalen, Frau Ina Brandes. Ihr Markenzeichen: kompetente Sachlichkeit. Hier möchte ich ausdrücklich auch die Ruhrpreisträgerin des letzten Jahres Frau Ministerin Neubaur einbeziehen. Ihnen wird ein politisch denkender Schauspieler sympathischer sein als ein schauspielernder Politiker.


Im Hamlet lässt Shakespeare über Schauspieler sagen: „Sie sind Spiegel des Zeitalters“. Gegenwärtige Inszenierungen auf der politischen Weltbühne besetzen Schlüsselrollen mit Militanten und Dilettanten. In der Nachkriegszeit eingeschlafen, sind wir in der Vorkriegszeit aufgewacht. Diplomatie macht Pause. Man redet in vielen Sprachen und versteht sich nicht. Gute Schauspieler werden in jeder Sprache verstanden. Oft sogar, wenn sie schweigen. Das fördert Erkenntnis und Selbsterkenntnis. Das macht uns größer als wir sind. Dafür verdienen sie gesellschaftliche Wertschätzung.


„Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze", orakelte und irrte Schiller. Denn wer sollte Menschen über den Menschen besser belehren als exzellente Schauspieler. Das Mindeste, was wir Zuschauer unseren Helden bieten können, ist Anerkennung, Verbundenheit, eine Region und Raum nicht schalltot, sondern mit lebendiger Resonanz. Das strahlt zurück ins Parkett und auf den Rang. Manchmal sagt sich dort einer: „Ich sollte mal über mein Leben nachdenken.“ In Brechts Geschichten von Herrn K. sagte der über eine Schauspielerin: „Sie ist schön“. Sein Begleiter meinte: „Sie hat Erfolg, weil sie so schön ist“. Herr K. widersprach: „Sie ist schön, weil sie Erfolg hat. Evolutionsbiologische Reflexe sind nicht objektivierbar.


Aber in aller Bescheidenheit: Die Brost-Ruhrpreisträger des Jahres 2024 stärken das Selbstwertgefühl unserer Heimat-Region und damit verschönern sie die. Die Preisträger sind (in alphabetischer Reihenfolge): Herr Dietmar Bär, Herr Joachim Król, Herr Peter Lohmeyer, Herr Armin Rohde. Wir rühmen ihre Fähigkeit zu inspirieren, komplexe Charaktere nachzubilden, Emotionen zu wecken, die anregen und aufregen uns in andere Welten mitzunehmen. Wer nur sich selbst spielen kann, kann das nicht. Kevin Costner bekannte einmal: „Ich bin nicht in der Lage, mein Auto zu reparieren – aber ich spiele Charaktere, die das können.“ Marlon Brando erzählte, er habe eine Reihe Mafiosi kennengelernt. Die liebten seinen Film. Er habe den Paten mit Würde gespielt. Er freute sich: „Bis heute lassen sie mich in Little Italy keine Rechnung zahlen.“ Das ist eine sehr spezielle Art von „Laudatio“. Wer kann das schon von sich sagen.


Unsere Preisträger jedenfalls werden ihr Preisgeld für gute Zwecke weiterreichen. Ihnen allen ein herzliches Willkommen. Die biografischen Tiefen der ausgeprägten Charaktere unserer vier Preisträger brauchen eine Laudatio aus berufenem Mund. Dafür danke ich Ihnen, Frau Brandes. Und fast beneide ich Sie.
Meine Rolle ist gespielt. Ich räume die Bühne für eine Filmeinspielung und anschließend Ihren Auftritt, Frau Ministerin! Es gibt keinen Souffleur.