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Pragmatische und kluge Ideen für ein besseres Morgen

Bei der Vergabe des Brost-Ruhr Preises an NRW-Ministerin Mona Neubaur lobten Vorstände bedeutender Industriekonzerne vor allem ihre zupackende Politik

Darf eine Ministerin für ihre Verdienste um das Ruhrgebiet ausgezeichnet werden, die als junge Frau nicht glauben wollte, dass es Castrop-Rauxel wirklich gibt? Ja, denn sie hat sich selbst von der Existenz der Stadt überzeugt – und schon bei dieser Gelegenheit das Revier ins Herz geschlossen!

Es ist eine kleine Episode, von Mona Neubaur (46) selbst am Rande der Verleihung des Brost-Ruhr Preises auf dem Podium erzählt, mit der Charakterzüge deutlich werden, die die NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin als Preisträgerin empfehlen. „Ich fuhr zum ersten Mal als Studentin mit dem Auto durchs Ruhrgebiet und kam am Ortsschild Castrop-Rauxel vorbei. Ich glaubte nicht, dass es die Stadt wirklich gibt, sondern hielt sie immer für ein Synonym wie Hintertupfingen“, erinnert sich die in Bayern aufgewachsene Grünen-Politikerin. „Also bin ich von der Autobahn abgefahren und habe mir alles angeschaut.“ Dabei sei gleich Sympathie entstanden, im Laufe der nächsten Jahre vor allem der Menschen wegen, „die eine Haltung haben und für etwas einstehen.“

„Ich habe mir bis zuletzt nicht richtig vorstellen können, dass ich diesen Preis wirklich bekomme. Nach gerade einmal eineinhalb Jahren im Amt betrachte ich den Brost-Ruhr Preis vor allem als einen gewaltigen Vertrauensvorschuss.“

Mona Neubaur

Neben den zahlreichen Begründungen sowie Glückwünschen im Vorfeld der Preisvergabe (siehe auch: https://broststiftung.ruhr/brost-ruhr-preis-2023-fuer-ministerin-mona-neubaur) belegt die kleine Geschichte die Neugier Neubaurs, verbunden mit dem Bedürfnis, Dinge bis hin zu hochkomplexen technischen Abläufen, zu verstehen. Um dann daraus in ihrer aktuellen Verantwortung pragmatische Entscheidungen zu treffen.

„Bei unserer ersten Begegnung hat mich Mona Neubaur am meisten überrascht, als sie mich fragte: Können Sie mir das bitte erklären?“, hob Christian Kullmann, CEO von Evonik Industries, in seiner Laudatio hervor. Damit habe sich die junge Frau aus der „Feldhamsterfraktion“ wohltuend unterschieden von jenen „Heiligenschein-Politikern“, die sich offensichtlich für allwissend hielten. Neubaur besitze eine „konkrete Idee für ein besseres Morgen“ nicht nur im Ruhrgebiet. Unter Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Faktoren setze sie sich „pragmatisch klug“ für eine Transformation in grüne Stahlindustrie ebenso ein wie für die Belange von Rüstungsunternehmen in NRW oder die Chemieindustrie. Sein Fazit: „Vor unserem ersten Kennenlernen wurde mir gesagt, Du könntest politisch einmal wichtig werden. Jetzt bist Du wichtig!“

„Konstruktives Regieren kriegen wir in NRW gut hin. Wir dienen den Menschen und suchen nicht nach billigen Geländegewinnen für die Partei.“

Mona Neubaur

Viel wurde an diesem geschichtsträchtigen 09. November 2023 im Erich-Brost-Pavillon der Zeche Zollverein ÜBER Mona Neubaur gesprochen (siehe auch den Instagram-Account brost_stiftung), überzeugt hat die Brost-Ruhr Preisträgerin die Menschen im Publikum aber vor allem, wenn sie SELBST redete.

„Vor 85 Jahren wurde der Angriff auf Jüdinnen und Juden vom Staat organisiert“, erinnert die Mitinitiatorin der Kampagne #NieWiederIstJetzt der NRW-Landesregierung. „Heute ist freies Leben von Jüdinnen und Juden unser aller Interesse.“ Und widersetzt sich damit deutlich allen „Ja, aber“-Argumenten. Im Brückenschlag zum Anlass des Abends betonte sie: „In Diktaturen wird nicht über Innovation geredet, sondern nur über das, was politisch gewollt ist!“ Im Gegensatz dazu möchte sie Unternehmen politisch unterstützen, „Geschäftsmodelle zu entwickeln, bevor es andere tun.“

„Ich genieße das Privileg, hinter die Kulissen zu blicken und zuhören zu dürfen. Zum konstruktiven Dialog gehört auch, gelegentlich an die politische Schmerzgrenze zu gehen.“

Mona Neubaur

Dabei sei das Ruhrgebiet auf dem Weg „bergauf“, es wachse das Zutrauen in der Wirtschaft, „ins Tun zu kommen“. In der abschließenden Podiumsdiskussion teilten neben Kullmann auch Vonovia-CEO Rolf Buch sowie Katharina Reiche (Vorsitzende der Geschäftsführung von Westenergie) die Einschätzungen Neubaurs. „Ich glaube, das Ruhrgebiet hat einen Teil der Transformation schon erfolgreich hinter sich“, so Buch. „Und eins haben wir hier bewiesen: Integration können wir besonders gut.“ Reiche verwies auf die Wirtschaftskraft der Region, jeder fünfte Euro in der deutschen Wertschöpfungskette werde im Ruhrgebiet erzeugt. Ihre Perspektive: „Bis 2030 brauen wir eine Million Tonnen Wasserstoff in der Industrie, damit könnten wir 30 Millionen Tonnen CO2 einsparen.“ Sie wünscht sich mehr Offenheit gegenüber der neuen Technologie, Japaner und Amerikaner seien nicht zuletzt wegen „deutscher Ängstlichkeit“ deutlich weiter.

Auch wenn er den Wasserstoff-Optimismus Reiches nicht teilte, sprach Kullmann von „atemberaubenden Chancen“, Evonik werde beispielsweise bis 2030 in der Energiegewinnung komplett CO2-frei werden. Für Neubaur die richtige Weichenstellung: „70 Prozent der Wirtschaftsproduktion werden in naher Zukunft klimaneutral erfolgen.“ Wirtschaft sei für sie kein Selbstzweck, die „Wertschöpfung ist ein Versprechen auf die Zukunft“. Ein Versprechen auf gute Arbeitsplätze, Wohlstand und sozialen Frieden. Dafür müsse sich auch Politik wandeln: „Wir müssen Probleme schneller lösen, sonst verlieren die Menschen den Glauben an die Handlungsfähigkeit des Staates!“

„Die Menschen im Ruhrgebiet wissen, dass sie früher auch einmal Teil der Waffenschmiede der Nazis waren. Das hat ihre Wachsamkeit und das Eintreten für eine Wehrhaftigkeit der Demokratie gefördert.“

Mona Neubaur

Auch bei der Weitergabe des Preisgeldes von 20.000 Euro liegen der Anhängerin von Fortuna Düsseldorf die Menschen am Herzen: Das Geld geht an die „Nordstadtliga“, seit 2001 eine über das gesamte Jahr laufende Straßenfußballliga im Dortmunder Norden. Sie wird durch das Jugendamt Dortmund, AWO Streetwork sowie Stadtteil-Schule Dortmund e.V. und über die Schulen und sozialen Einrichtungen umgesetzt. Neubaur: „Hier werden Teilhabemöglichkeiten geschaffen und vor allem viel Hoffnung vermittelt.“ Den vom Bochumer Künstler Marcus Kiel geschaffenen Ehrenpreis will die Ministerin übrigens in ihrem Büro aufstellen, „damit künftig jeder Besucher weiß, mit wem er es zu tun hat.“ Mit einer starken Frau, auf deren Unterstützung das Ruhrgebiet in schwerer Zeit bauen kann…




Begrüßung durch Professor Bodo Hombach, Vorsitzender des Vorstands der Brost-Stiftung

Verehrte Frau Ministerin Neubaur,
verehrter Herr Oberbürgermeister Kufen,
verehrter Herr Oberbürgermeister Tischler,
verehrter Herr Landtagsabgeordneter Mostofizadeh,
verehrte, liebe Damen und Herren!

Verehrter Herr Dr. Vesper, lieber Michael,
du warst auch stellvertretender Ministerpräsident in NRW. Wir pflegen gute Erinnerungen an unsere Zusammenarbeit im Kabinett.

Auch damals gab es verdammt viel zu tun. Ich erinnere aber weniger geistige Obdachlosigkeit, weniger organisatorische Verwahrlosung in der Republik. „Versöhnen statt Spalten“ verlangte unser damaliger Chef. Das war Motto, noch nicht Alarm und Weckruf wie heute.

Übrigens: Herr Dr. Vesper hat mich ermuntert, Sie, Frau Ministerin, anzurufen.

Jede Preisverleihung hat ihre Liturgie. Und setzt einen eigenen Akzent. Herbert Reul war der erste Ruhrpreisträger. Die Bürger hatten ihn vorgeschlagen. In Umfragen ging es um ihr Sicherheitsgefühl.
Auffällig oft fiel sein Name. Das war dann auch 2020 die Inschrift des Preises: „Der sich um unsere Sicherheit kümmert." 2021 würdigten wir Fritz Pleitgen mit „Der dem Revier Bild und Stimme gegeben hat." 2022 die großartigen Palliativ-Medizinerinnen Dr. Marianne Kloke, Dr. Ferya Banaz-Yasar und Dr. Nicole Selbach „Für Ihren herausragenden Beitrag zur Menschlichkeit unserer Gesellschaft."

Diesmal fragten wir Wirtschaftsakteure. Da war wenig Optimismus. Aber es gab auffällig gute Bemerkungen über die Landesregierung und Ministerin Neubaur. – Gegen den Verdruss-Trend. Das machte neugierig. Wir fragten gezielter nach. Die gute Nachrede verstärkte und stabilisierte sich. Ich finde: Das darf man preisen!

So gravierte der Bochumer Künstler Markus Kiel in die von ihm entworfene Trophäe für Ministerin Neubaur „Eine, auf deren Unterstützung das Ruhrgebiet in schwieriger Zeit bauen kann."

Wir meinen: Ehre, wem Ehre gebührt! Mit einem Gegenstand für die Vitrine. Mit einem gemeinnützig bestimmten Betrag. Mit einer kleinen Festlichkeit. Es ist nur eine Geste, aber auch ein Signal. Vor allem ist es Dank an eine Frau, die es nicht auf der Tribüne hält, sondern die sich aufs Spielfeld wagt. Mit vollem Risiko.

Wir haben solide Zeugen mit eigenem Wissen. Sie werden sie im Video sehen. Bis auf Frau Becker und die etwas verspätetet kommende Frau Reiche sind diese Persönlichkeiten auch live hier.

Dann kommen wir zum Höhepunkt. Der Laudator Herr Christian Kullmann wird noch viele gute Gründe wissen und sein Plädoyer halten. Ein Urteil sprechen Sie alle. Ich glaube, Frau Neubaur wird nicht in Berufung gehen.

Wir werden die Ministerin auch selbst hören. In kompetenter Runde.

Liebe Gäste,
in Goethes „Dichtung und Wahrheit“ stehen kluge Sätze. Einer geht mir zurzeit besonders nach: „Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden. Wir fühlen eine Sehnsucht nach dem, was wir schon im Stillen besitzen.

„Wow!“ - Auch unsere Projekte wollen Vorboten desjenigen sein, was wir zu leisten imstande sein können. Dazu hoffen wir auf Politiker und Politikerinnen der besonderen Art. Frauen und Männer mit Eigenschaften, mit Verstand, Herz und Hand für das allgemeine Wohl. Man muss es wollen. Man muss es können. Man muss es tun.

Geschick auf dem Spielbrett der Politik gehört dazu. Die wendige Dame neben dem bewegungseingeschränkten König. Läufer über große Distanz. Türme vernünftiger Prinzipien. Und Springer - auch mal bereit, um die Ecke zu agieren.

Man hat Schachspielern mal eine Brille aufgesetzt. Die registrierte Augenbewegungen. Der schlechte Spieler starrte nur auf die Figuren und kämpfte freudlos. Der gute Spieler sah vor allem die Zwischenräume und Einflusszonen. Er knüpfte ein intelligentes, sogar schönes Netz aus möglichen Wirkungen . . . mit Freude am Spiel.

Kürzlich sagte im Radio ein Bauer: „Wir brauchen keine schwarze, rote, gelbe oder grüne Zukunft, sondern den Blick auf die nächste Ernte.“ Der sprach mir aus der Seele.

Liebe Gäste,
ich spreche sicher auch in Ihrem Namen: Wir freuen uns über jede Könnerin und jeden Könner in der Politik. Die sind nicht auf die Fehler des Gegners angewiesen. Sie überzeugen durchs eigene Konzept. Sie fragen im unvermeidlichen Dilemma nicht „Was trennt uns?“, sondern „Was führt uns zusammen?“ Die haben das Wort „alternativlos“ aus ihrem Wörterbuch gestrichen. Für sie ist Pragmatismus eine Tugend. Mit Sinn für Zwischenräume und -töne. Mit Lust auf Reales und Realität. Niemand sollte am Ende sagen: „Wenn das die Lösung ist, dann will ich lieber mein altes Problem zurück!“

Der Horizont unserer Welt verdüstert sich. Das Ausmaß und Tempo konnten wir uns noch vor kurzem nicht vorstellen. Wir werden von der Nachkriegszeit in die Vorkriegszeit politisiert, gesendet und geschrieben.

Es heißt, der Gruß der Kaufleute sei das Klagen. Das gegenwärtige Wehklagen ist ganz sicher keine Hypochondrie! Aber Apokalyptiker nützen zu nichts. Die leben von Problemen. Sie lösen keines. Hoffnung ist kein nettes Gefühl, sondern Motivation.

Als man den großen Historiker Gordon A. Craig nach der Quintessenz seines Forscherlebens fragte, sagte er: „Im Dunkeln leuchten die Sterne.“ Er dachte sicher nicht an Weihnachten. Aber wer staunt demnächst nicht über ein Fest, in dem Engel singen, vom Frieden aller Menschen, die guten Willens sind.

Ist das Wirklichkeitsverlust? Oder auch hier: „Vorgefühl der Fähigkeiten, die in uns liegen?“ Auf jeden Fall ein trotziges Argument für alle, die das Menschliche nicht aufgeben wollen.
Ich danke Ihnen und freu mich auf das, was kommt.