Direkt zum Inhalt wechseln

Darum weinen Männer heimlich

Im BrostCast erzählt Marc Pomplun von mutigen Geschlechtsgenossen, die sich mit seiner Hilfe ihren Gefühlen stellen

„Wann ist ein Mann ein Mann…?“ Herbert Grönemeyer puzzelt in seinem Kultsong augenzwinkernd männliche Attribute zu einem traditionellen Geschlechterbild zusammen. Aber wie sind die harten Kerle wirklich und wann werden sie ganz weich? Antworten liefert die neue Folge des BrostCast mit einem, der es wissen muss: Marc Pomplun arbeitet als „Männercoach“. Noch nie gehört von diesem Job? Dann unbedingt reinhören!

In einer Dachkammer in Essen bietet der studierte Sozialarbeiter seine „Männerberatung Ruhr“ an, Pomplun bezeichnet sich selbst als „Pionier“ auf seinem Gebiet. Mit übersichtlichem Kundenzulauf – schließlich haben Männer nach landläufigem Rollenverständnis keine Probleme. Und wenn, lösen sie die schon selber, irgendwie. Dem steht eine bemerkenswerte Statistik gegenüber: Weltweit begehen dreimal mehr Männer als Frauen Selbstmord! Pomplun: „Männer setzen sich aufgrund ihres Selbstverständnisses einem höheren Leidensdruck aus. Viele sind einsam, hilflos und überfordert beim Zugang zu ihren Gefühlen.“

Wer sich anstrengt, steht manchmal als Verlierer da

Für Familienvater Pomplun geraten nicht wenige Männer in existentielle Krisen, weil die Gesellschaft ihre klassischen Versprechen nicht mehr einlöst. „Wir haben in der Erziehung mitbekommen, dass derjenige belohnt wird, der sich richtig anstrengt. Heute erleben aber gerade die Männer, die sich besonders im Beruf engagieren, das Gegenteil. Die Frau läuft weg, weil der Partner nie da ist.“ Oder die Zeche schließt, obwohl man(n) doch ordentlich malocht hat.

Zusätzlicher Druck entstehe auch aus einer Geschlechterdebatte, die primär den Blick auf eine Gleichstellung der Frauen richte. Pomplun: „Frauen brauchen weiter jede Förderung, da passiert immer noch zu wenig. Aber ich würde mir eine Gleichberechtigung wünschen, die es erlaubt, dass sich auch Männer Hilfe holen.“ Wer zu ihm kommt, wird oft durch „liebevolle Konfrontation“ in seinen männlichen Überzeugungen erschüttert. Hören Sie einmal rein, warum Vernunft nicht immer der beste Weg zur Konfliktlösung ist und Hilflosigkeit manchmal hilfreich sein kann…

Wann haben Sie zuletzt geweint

Pomplun benennt im Gespräch mit BrostCast-Host Hajo Schumacher drei zentrale „Männerprobleme“: den Zugang zu Gefühlen, die Auseinandersetzung mit dem Vater(sein) sowie das Ignorieren von Überforderung. „Ich frage zum Beispiel bei gemeinsamen Spaziergängen, wann jemand zuletzt geweint hat. Daran schließt sich meist die Frage des Gesprächspartners an: Warum berührt mich dies und das nicht?“ Beim „Vaterthema“ gehe es oft darum, wie sich die Beziehung zum eigenen Vater klären lässt, der oft aufs Ende des Lebens zugehe. Pomplun: „Viele hinterfragen aber auch die eigene Rolle, wollen sich verändern, um ein guter Vater zu sein.“ Zur Auseinandersetzung mit der empfundenen Überforderung gehöre, sich klarzumachen: „Was will ich vom Leben, was ist meine Rolle.“ Manche Männer wünschten sich durchaus längere Elternzeiten statt beruflicher Karriere.

Mann, was für ein Vorbild!

Aber wo sind die Vorbilder, an denen Mann sich orientieren könnte? Die Brost-Stiftung hat beispielsweise im ersten Teil des Projektes „Jungs ausm Pott“ im „Männerkompass Ruhr“ danach gesucht https://broststiftung.ruhr/jungsausmpott/. Pomplun fällt nach einigem Überlegen (als Fan von Borussia Dortmund) ein Orientierungsbeispiel ein. „Edin Terzic habe ich als einen angenehm männlichen Mann empfunden.“ Nach dem verpassten Meistertitel am letzten Spieltag habe er sich vor die Tribüne gestellt, und „im Scheitern wirklich Liebe erfahren“. Hajo Schumacher hat andere Vorbilder im Blick – hören Sie mal rein, warum Herbert Grönemeyer nicht dazu gehört!

Ein BrostCast über Männer, in dem auch Frauen eine Menge Hintergründe erfahren können. Mit sehr aktuellen Bezügen: Zahl der Fälle häuslicher Gewalt, bei denen Männer die Betroffenen sind, ist deutlich gestiegen. Das geht aus einer aktuellen Statistik hervor, die von der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) in Berlin am 03. November 2023 veröffentlicht wurde. Demnach stieg 2022 die Zahl der Hilfeanfragen in Männerschutzeinrichtungen auf insgesamt 421 Fälle. Im Vorjahr waren es noch 251 gewesen.

70.000 Männer als Opfer häuslicher Gewalt

Die Gesamtzahl männlicher Betroffener von häuslicher Gewalt gibt die BFMK unter Berufung auf Sicherheitsbehörden mit fast 70.000 Fällen an. Demnach sind rund 29 Prozent aller erfassten Opfer Männer. Zu häuslicher Gewalt zählt in dieser Statistik sowohl Partnerschaftsgewalt als auch innerfamiliäre Gewalt.

Wussten Sie, dass es im Ruhrgebiet Gewaltschutzwohnungen gibt, in die sich Männer flüchten, die häusliche Gewalt, Erniedrigung oder Beleidigung nicht mehr ertragen können? Manchmal bringen sie sogar die Kinder mit, um diese vor der Partnerin zu schützen. Pomplun: „Drei Monate darf jeder bleiben, manche verlängern bis zu einem halben Jahr.“ Wenn Sie erfahren wollen, warum manche Opfer lieber im Auto schlafen, als sich Hilfe zu suchen, warum „Selbstfürsorge“ der Schlüssel zur Problemlösung ist – nicht nur für Männer, dann hören Sie rein, überall wo es Podcasts gibt!