Direkt zum Inhalt wechseln

Verdis Don Carlo feiert im Aalto Theater in Essen Premiere

Oper wird durch musikalischen Verweis auf den beklemmenden Ukraine-Krieg zu einem besonders aktuellen Ereignis 

23. März 2022

Auf der Grundlage von „Don Karlos, Infant von Spanien“ des Dramatikers Friedrich Schiller komponierte Guiseppe Verdi seine Oper „Don Carlo“, von der es am Ende sieben Fassungen geben sollte. Am 12.03.2022 feierte der „Don Carlo“ in der Mailänder Fassung von 1884 im Essener Aalto Theater Premiere. Die Brost-Stiftung förderte die Koproduktion mit der Opéra national du Rhin Strasbourg in der Inszenierung von Robert Carson. Im Fokus dieser Opernfassung steht besonders die Psychologie der Figuren. Der Vater Fillippo II, König von Spanien und sein Sohn, der titelgebende Held, lieben dieselbe Frau: Elisabetta von Valois. Was eigentlich für Frieden sorgen soll, die Ehe zwischen dem König und Elisabetta, wird durch die heimliche Liebe der Braut und Don Carlos am Ende alle ins unvermeidliche Unglück stürzen.

Ein Großteil des Publikums zeigte sich bei der Premiere im Aalto-Theater von der Inszenierung so begeistert, dass es sich zum Schlussapplaus erhob.

Eröffnet wurde der Opernabend an Tag 17 von Wladimir Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit dem Titel „UKRAINA – den Opfern des Krieges“ des Komponisten Eduard Resatsch. Die Essener schlossen sich hier der Initiative der „Deutschen Orchestervereinigung“ an, die dazu aufgerufen hatte, das Stück des in der Ukraine geborenen Komponisten vor Opern- und Konzertaufführungen zu spielen. Das Stück, ein vom Chor leise gesummtes Gebet für die Opfer des Krieges, unterbrochen durch Schuss-, Bomben- und Sirenengeheul und mit Versatzstücken der einstigen Sowjethymne sowie der Europahymne untermalt, stimmte auf einen emotional auch weiterhin ergreifenden Abend ein.

Edda Breski, Kritikerin der Zeitung „Westfälischer Anzeiger“ zeigte sich begeistert: „der Essener Don Carlo ist intensiv, eingängig, toll gesungen und musiziert“ und auch Klaus Stübler von den „Ruhr Nachrichten“ lobt: „der verstärkte Aalto-Chor ist eine Wucht. Die Essener Philharmoniker unter Andrea Sanguineti bringen Verdis zarte (Cellosolo, Holzbläser) und imposant-dramatische Klänge gleichermaßen überzeugend zur Geltung.“

Das Scheitern der Figuren auf der Suche nach Liebe und ihrem persönlichen Glück, das durch  Politik und Terrorregime verunmöglicht wird, zeigt Carson mit eindringlicher, geradezu erschütternder, psychologischer Präzision. Das grau-schwarze Bühnenbild von Radu Boruzescu, die Särge auf der Bühne und die weißen Lilien wecken Assoziationen an Tod und Trauer und somit auch an die traurigen Nachrichtenbilder, mit denen wir uns in diesen Tagen konfrontiert sehen.

Dieser Opernabend hinterlässt beim Publikum Wirkung, weit über das musikalische Erlebnis hinaus. So wie es sich Friedrich Schiller gewünscht hätte: „Was nützt denn die ganze Erdichtung? – Ich will es Dir sagen, Leser, sagst du mir erst, wozu die Wirklichkeit nützt.“