Kindermobil

Das Kinder Mobil des Fördervereins Club-Kohlenwäsche und der AWO Essen bietet im Essener Norden in benachteiligten kleinräumigen Wohnquartieren Kindern ein mobiles Gesundheits- und Freizeitbildungsangebot. Die Umsetzung erfolgt durch ein attraktives, auffälliges Wohnmobil mit Vorzelt, Sitzmöglichkeiten, Kochnische, Tischen und Bänken, sowie ausreichend Stauraum für Materialien. An vier Tagen in der Woche werden regelmäßig vier definierte Wohngebiete zu einer festen Uhrzeit angefahren, an denen die Zielgruppe die Angebote nutzen kann. Das Kinder Mobil bietet immer ausreichend gesundes und frisches und vorzüglich regionales / saisonales Essen, welches mit den Kindern zusammen zubereitet und gegessen wird. Die vorgelebte Esskultur ermutigt die Kinder dazu, viel frisches Obst und Gemüse zu verzehren und ungesunde Speisen, wie viel tierische Lebensmittel und Zucker zu vermeiden. Eine ausgewogene Ernährung erlernen die Kinder durch kindgerechte Workshops, welche unter anderem durch eine 1,5 Quadratmeter große interaktive Ernährungspyramide umgesetzt wird. Neben dem Nahrungsangebot werden Sport- und Bewegungsspiele angeleitet, welche zusätzlich in Gruppenspielen die sozialen Kompetenzen der Kinder stärken. Das Kinder Mobil bietet überdies eine kleine Bibliothek mit wechselnden Büchern sowie ein Snoozleraum, welcher den Kindern einen Ort des Lernens, Lesens und Entspannens bietet.
Das Kinder Mobil konnte in der Vergangenheit zu Wohnungsbaugesellschaften und anderen Kinderangeboten eine Partnerschaft aufbauen, sodass an den lokalen Standorten ein Benefit erreicht wurde. Durch diese Konzeption können an jedem Standort im Nachmittagsbereich durchschnittlich 30 Kinder erreicht werden. Darüber hinaus, kann je nach Nutzung im Vormittagsbereich eine Vielzahl von Schulkindern von dem Angebot profitieren.
Regionaler Bezug: Der Projektansatz des Kindermobils reagiert modellhaft auf die Herausforderungen, die sich aus der wachsenden Armut, ihrer sozialen Konzentration bei Kindern und Familien und ihrer zunehmenden sozialräumlichen Verinselung in Wohnbeständen und Siedlungen, für die Stadtgesellschaften im Ruhrgebiet und die lokale Politik ergeben, und er zeigt Handlungsansätze, von unterschiedlichen Formen einer lokalen Armuts- und Stadtteilentwicklungspolitik, die u.a. auf Aktivierung und Bürgerbeteiligung in der „sozialen Nachbarschaft“ setzt. Darin liegt eine besondere Schwierigkeit, denn im städtischen Armutsmilieu sind eher Rückzug, Apathie und Misstrauen die „normalen“ und durchaus rationalen Verhaltensoptionen der Bewohner. Die Wohnquartiere, die das Kindermobil anfährt, haben einen sehr hohen Anteil von Kindern (und Familien) an der Bevölkerung und sind zugleich Bereiche mit besonders hohen Armutsquoten, hoher Arbeitslosigkeit, hohen Anteilen von Alleinerziehenden und besonders vielen neuzugewanderten Menschen. So erhalten bspw. im Standort Nothofsbusch 56% der Menschen Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes, durchschnittlich erhalten 17,97 % der Essener Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes. Gleichzeitig leben dort doppelt so viele Kinder wie im Essener Durchschnitt im Quartier.
Der mobile aufsuchende, offene und verlässliche Zugang des Projektes regiert hier in idealer Weise. Ausgangslage bildet nicht eine defizitorientierte Perspektive, sondern eine Haltung, die auf Aktivierung und Empowerment der Bewohner setzt. Dabei erfolgt der Zugang über das Kind mit den Themen Ernährungskompetenzen, Sozialkompetenzen und Bewegungsförderung. Damit stehen nicht persönliche Mängel, Unzulänglichkeiten oder auch Einschränkungen und Erziehungsunfähigkeit der Eltern im Fokus.
Diese Entwicklung auf kleinräumigen Armutsinseln gelten besonders für das Ruhrgebiet als die größte kontinental europäische Stadtregion, die sich, verstärkt seit der Flüchtlingskrise 2015, derzeit in einer grundlegenden ökonomischen und sozialen Umwälzung befindet. Die Mehrheit der Kinder in den Städten des Ruhrgebiets wird künftig unter solchen Voraussetzungen aufwachsen. Sie werden vielleicht Fähigkeiten erwerben, die ihnen das „Überleben“ in dieser abweichenden Normalität ermöglichen, sie haben jedoch kaum eine Chance, die Nützlichkeit jener Kompetenzen, die das „Humanvermögen“ ausmachen, Solidarität, Empathie, Vertrauensfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit, zu erfahren. Sie verfügen nicht über das „soziale Kapital“ bei Bedarf hilfreicher sozialer Beziehungen – und weniger noch sind sie im Mehrbesitz an ökonomischem Kapital – hierin liegt der entscheidende Startvorteil von Kindern aus den bürgerlichen Mittelschichten.