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Kein Platz für Barbies oder Tussen

Warum Frauen die härteren Kerle sind – im BrostCast zeigt Reporterlegende Manfred Breuckmann den Machos des Ruhrgebietes die Rote Karte

Sein Name beginnt mit „Mann“ und endet auch so – was liegt näher, als mit „Manni“ Breuckmann im BrostCast über Rolle und Selbstverständnis seiner Geschlechtsgenossen im Ruhrgebiet zu philosophieren? Freuen Sie sich auf einen launigen verbalen Kick, Dauer etwa eine Halbzeit, zum Thema „Machos, Macker und Malocher“!
Mit dem Anstoß rückt der Kerl in den Mittelpunkt, der für Breuckmann wie kaum ein anderer den Urtyp des Ruhrgebietsmannes repräsentierte. „Als Sinnbild kommt mir gleich Rudi Assauer in den Sinn. Diese Männer waren auf der Arbeit hart, aber zuhause, nach dem fünften Bier, fingen die auch schon mal an zu heulen…“ Offensichtlich ein prägendes Vorbild, zum Todestag des früheren Managers erinnerte in der Schalker Fankurve ein überdimensionales Spruchband an die Klubikone mit der Aufschrift: „Malocher, Macho, Manager“.
Schon bei den ersten „Doppelpässen“ mit Hajo Schumacher wird deutlich, was die WDR-Legende von den eingangs beschriebenen Männlichkeitsbildern hält: „Es ist schon lange alles im Niedergang…“

Hart arbeiten und hart saufen

Das noch immer besungene Malocherbild sei eher eine Marketingerfindung als Realität, „auch wenn auf dem Videowürfel im Schalker Stadion immer noch halbnackte Bergleute zu sehen sind, die sich unter Tage abrackern“. Hören Sie einmal rein, warum der „Bürger des Ruhrgebiets“ von 2008 die ganze Entwicklung nicht gut findet…
Betrachten wir den BrostCast weiter im Duktus der vielen Breuckmann-Reportagen, kommt in der 5. Minute ein sprachlicher Steilpass tief hinein in die Deckung der Revier-Macker. „Nur hier konnte ein Spruch entstehen ‚Der Ruhri muss hart arbeiten, aber auch hart saufen`. Es gab eine Gefahrengemeinschaft unter Tage, aber ich glaube nicht, dass sich die Kumpel nach der Arbeit gegenseitig besucht haben. Da gab es nicht die große Freundschaft mit den ersten Gastarbeitern aus der Türkei…“ Gleichwohl ist Breuckmann überzeugt: „Wenn Du die Freundschaft des Ruhris mit all seiner Schlitzohrigkeit einmal gewonnen hast, hat das große Chancen auf langen Bestand“. Sein (verstecktes) verbales Foul an den Rheinländern müssen Sie selbst entdecken!
Ab Minute sieben geht´s ans Eingemachte, wenn Breuckmann die Vorlagen von Schumacher aufnimmt zur Frage „Wie wurde aus dem kleinen Manfred ein (Breuck-) Mann“? Bestimmend war der Vater, Briefträger in Datteln, aus dem Krieg und russischer Gefangenschaft heimgekehrt. „Er war ein ewiger Motzkopf, völlig unfähig Gefühle zu zeigen. Für ihn war das Glas Wasser immer halbleer. Aber er war nicht der Dominante in der Beziehung meiner Eltern, das war eher meine Mutter.“

Tugenden zur Führung eines KZ?

10. Minute: Breuckmann grätscht voll hinein ins bürgerliche Wertesystem und die Rolle der katholischen Kirche. „Es wurde in meiner Erziehung viel Wert gelegt auf Ordnung, Fleiß und Pünktlichkeit.“ Tugenden, mit denen man nach Einschätzung von Oskar Lafontaine „auch ein KZ führen“ könne. Breuckmann: „Und da hat er gar nicht Unrecht, hinter diesen formalen Sekundärtugenden stecken ja gar keine Werte.“ 14 Jahre war er in der Kirche zuhause, als Messdiener sowie als Lektor, der am Altar Texte lesen durfte. Hören Sie rein, warum er inzwischen ausgetreten ist – und trotzdem immer noch geprägt von den Erziehungsidealen seiner Kindheit. Obwohl seine Biographie (Achtung Ironie!) den Titel trägt: „Mein Leben als jugendlicher Draufgänger“…
Gegen Mitte der gesprochenen Halbzeit kommen die echten Fußballfans auf ihre Kosten. Breuckmann erzählt von seiner Bewunderung für Uwe Seeler („Er war der Größte, stand über allem!“), Pelé oder „in einem gewissen Rückblick“ noch Fritz Walter. „Fußballkünstler“ Stan Libuda, Klaus Fischer oder Lothar Emmerich und den „Mythos Schalke“, der eigentlich keine Titel brauche.

Pascha trifft auf selbstbewusste Ruhrgebietsfrau

Ab der 22. Minute dribbelt sich Breuckmann in die Herzen der Zuhörerinnen mit seiner Hommage an die Ruhrgebietsladies: „Die Frauen im Ruhrgebiet sind keine Barbies und keine Tussen, obwohl es in letzter Zeit zunehmend eine Tussilisierung gibt.“ Im Vergleich zu den Männern seien die Frauen „tougher“, ihnen wurde schon immer „viel von dem auf den Rücken geschnallt, was im Leben zu leisten war“. Männe hat malocht, um den Rest kümmerte sich Mutter. Quintessenz Breuckmann: „Die Ruhrgebietsfrau ist schon eine sehr tragende Säule im Verhältnis der Geschlechter.“
Die Rück-, Quer- und Steilpässe landen bei Grönemeyer und Schimanski, Johannes Rau und Jürgen Rüttgers. Warum Horst Hrubesch am ehesten den Ruhrgebietsmann verkörpert und Hannelore Kraft für Breuckmann der überzeugendste „Ruhrgebietstyp“ in der Politik ist? Reinhören!
Gegen Ende kommt noch einmal Willi Breuckmann ins Spiel, der eigenbrötlerische Vater, der jeden Elternabend in der Schule schwänzte. „Ich bin ihm heute nicht mehr böse“, so der Sohn. Aber Breuckmann Junior bleibt mit der gleichen Frage zurück, die das Verhältnis vieler Männer zu ihrem Vater überschattet: „Warum hat er nicht einmal gesagt, dass er stolz auf seinen Sohn ist…?“
45 kurzweilige Minuten, emotional und kämpferisch, mit sprachlichen Kabinettstückchen und der einen oder anderen verbalen Grätsche – gute Unterhaltung nicht nur für Fußballfans. Überall, wo es Podcasts gibt.