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Die bescheidene Bankerin 

Zum Start der neuen BrostCast-Staffel erläutert Aysel Osmanoglu, warum tiefgreifende Veränderungen in der Finanzbranche notwendig sind, um die Zukunft auf unserem Planeten zu sichern

Spannende Menschen, spannende Geschichten. Auch in Staffel 4 des BrostCast befragt Hajo Schumacher Gäste mit interessanten Berufen und ungewöhnlichen Lebenslinien. Wie etwa Wetterfotografin Chantal Anders, die erklärt, warum sie Superzellen von Gewittern hinterherfährt und davon träumt, Tornados in den USA zu jagen. Metropolenschreiberin Nora Bossong enthüllt die Magie der Stadtbücherei Mülheim und Professor Tienush Rassaf beschreibt, wie sich die Lebensqualität schwerkranker Krebspatienten mit Medikamentenbehandlung verbessern lässt. Der Kardiologe forscht dazu mit Unterstützung der Brost-Stiftung am Essener Uniklinikum. 

Zum Start überrascht eine gänzlich untypische Bankdirektorin mit einem unerwarteten Blick auf die Bedeutung von Geld und Wohlstand. „Geld ist ein Gestaltungsmittel von Gesellschaft“, ist Aysel Osmanoglu überzeugt. Schumacher besucht sie in der Zentrale der ökologisch ausgerichteten GLS Bank, die mitten in einem Bochumer Wohnviertel liegt. 

„Wir passen total da hin“, sagt die in Bulgarien geborene Türkin. „Die Seele des Ruhrgebietes ist eine Transformationsseele, die Menschen hier kennzeichnet eine Anpack-Mentalität.“ 

Mit dieser Entschlossenheit ist auch sie aufgewachsen: Mit 12 flieht sie mit der Familie in die Türkei, sechs Jahre später geht es weiter nach Deutschland. Hören Sie einmal rein, wie der Werbespruch „Neckermann macht´s möglich“ an dieser entscheidenden Lebensweiche passt – und wie aus der Werkstudentin die CEO wurde. Anfang 2023, mit gerade einmal 45 Jahren.  

„Wir können nicht die Augen verschließen vor den Dingen, die um uns herum auf der Welt geschehen“, sagt Osmanoglu. „Auch eine Bank muss das Ziel haben, sozial-ökologisch zu wirken. Wirtschaft muss so gestaltet werden, dass sie den Menschen dient.“  

„Der Finanzsektor ist der Schlüsselsektor einer tiefgreifenden Transformation, da das Geld dorthin gelenkt werden kann, wo es Gutes bewirkt“ 

Aysel Osmanoglu

Im Mittelpunkt steht für sie die individuelle Einstellung zum Geld, das sie in „Kaufgeld, Leihgeld und Schenkgeld“ differenziert. „Jeder von uns hat seine persönliche Geldbiographie. Es beginnt damit, wie Eltern zu Hause über Geld sprechen.“ Oft würden Konsum und Glücksgefühle gleichgesetzt, Aysel Osmanoglu möchte „das Image des Geldes ändern“. Dazu gehören Transparenz und Verständnis von Prozessen: „Wo kommt das Geld her, wo geht es hin. Ist beispielsweise unser Bundeshaushalt transparent?“ Lassen Sie sich im BrostCast erklären, was die Werbebotschaft „Geld ist Liebe“ sagen will … 

BrostCast-Host Schumacher beschreibt die GLS-Bank augenzwinkernd als „die TAZ unter den deutschen Banken“, obwohl sie mittlerweile auf eine Bilanzsumme von fast 10 Milliarden Euro kommt. Die Philosophie des Hauses kennzeichnet aber eine weitere Zahl: Das Kreditvolumen bei erneuerbaren Energien stieg um 29 Prozent. Osmanoglu: „Es ist wichtig, welche Unternehmen Kredite bekommen. Soziale und ökologische Veränderungen in der Finanzbranche sind notwendig, um die Zukunft auf unserem Planeten zu sichern.“ Sie selbst profitiert übrigens nicht sonderlich vom geschäftlichen Erfolg: Unter Einbeziehung aller Mitarbeiter wurde bei der GLS-Bank ein Gehaltsrahmen festgelegt, in dem das Topverdienst maximal das Zehnfache des geringsten Einkommens betragen darf. Aktuell erhält die Chefin genau 6,2-mal so viel wie ein „normaler“ Angestellter. Warum Aysel Osmanoglu das völlig richtig findet und was sie von der Ampelkoalition hält – Reinhören in Folge 1 der vierten BrostCast-Staffel. Überall, wo es Podcasts gibt!