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Theater daheim in 3D-Qualität

Schauspiel Essen und Brost-Stiftung setzen erfolgreiches Projekt mit VR-Brillen fort

09. Februar 2022

Wenn ein Alptraum plötzlich Realität wird…

Eine namenlose Frau will am Waldrand nach ihrer Cousine und deren Man suchen, die am Vorabend nur kurz ins benachbarte Dorf aufgebrochen waren. Um ein paar Kleinigkeiten für den gemeinsamen Aufenthalt in der entlegenen Jagdhütte zu besorgen. Auf einmal läuft sie gegen eine Wand. Mitten in der Landschaft – unsichtbar, undurchdringlich, endlos. Die Frau wird urplötzlich vom Rest der Welt getrennt, allein auf sich gestellt (nur Hund Luchs ist noch bei ihr) muss sie in der Natur des Waldes ums nackte Überleben kämpfen.

Auf der Grundlage der Handlung von Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ aus dem Jahre 1963 entsteht am Schauspiel Essen mit Förderung der Brost-Stiftung gerade ein neues Virtual-Reality-Projekt. Interessenten können nach Bekanntgabe des Premierentermins (Frühjahr 2022) VR-Brillen inklusive abspielbereitem Film buchen. Nach der Buchung wird die bestellte Brille zum gewünschten Termin im Essener Stadtgebiet nach Hause geliefert und ein paar Stunden später wieder abgeholt.

Der erste Versuch, Theater in Pandemiezeiten zu den Menschen zu bringen, war mit der Verfilmung des Theaterstückes „Der Reichsbürger“ erfolgreich umgesetzt worden. Jetzt beschreibt der zweite Film den Versuch der Heldin (gespielt von Floriane Kleinpass), im Einklang mit ihrer natürlichen Umwelt zu (über-)leben. Mit den Mitteln der Virtual Reality wird dies zu einem sinnlich spürbaren Erlebnis. „Durch 360°-Aufnahmen, 3D-Klang und via VR-Brille werden die Zuschauenden zu Teilnehmenden und sind ungewöhnlich nah dran am Kampf der auf sich allein Gestellten mit Klima und Wetter, mit Erinnerungen und Ängsten“, verspricht die Vorankündigung des Films.

„Wir möchten aber auch gezielt junge Menschen mit der VR-Produktion ansprechen, die die Technik eher aus dem Gaming-Bereich kennen“

Intendant Christian Tombeil

Während für die Übertragung des Stückes „Der Reichsbürger“ in die VR-Welt ein bereits aufgeführtes Bühnenstück nur adaptiert werden musste, entsteht jetzt ein eigens gedrehter Film. Dafür wurde aufwändig in der ehemaligen Schreinerei im Kulissenhaus (hinter dem Grillo-Theater) ein künstlicher Wald „gepflanzt“. Die Gedanken der Frau werden als Monologe eingesprochen, mit aufgesetzter VR-Brille können die Zuschauer an den Gedanken und Gefühlen der Heldin intensiv teilhaben.

Intendant Christian Tombeil: „Hier entwickelt sich eine ganz eigenständige Kunstform – ähnlich wie in den 80er Jahren die Video-Kunst. Damals gab es die ersten Video-Installationen, heute sind sie in fast jedem Kunst-Museum zu sehen. So ähnlich ist es jetzt mit VR: Das Medium selbst ist schon alt, VR-Brillen gibt es seit gut 40 Jahren. Bisher hat dieses Medium nur noch nicht Einzug in die Kunst gehalten, aber je mehr wir uns ihm anpassen, desto spannender wird es.“

Mit einer entsprechenden Evaluation beabsichtigt die TUP Essen, gemeinsam mit der FH Dortmund, das digitale Medium unter verschiedenen Gesichtspunkten zu analysieren, zu verifizieren sowie wissenschaftlich fundiert auszuwerten.

Übrigens: Als die namenlose Frau schon nicht mehr damit gerechnet hat, taucht plötzlich ein Mann in der Abgeschiedenheit ihres Daseins auf. Ist dies das Ende des Albtraums? Oder sein Anfang?

Hier können Sie sich einen kurzen Einblick zu dem Umgang mit den VR-Brillen verschaffen.