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Hart, aber von Herzen

Künstler Marcus Kiel erklärt, warum er den Brost-Ruhr Preis aus Stahl gestaltet hat

06. Juli 2022

„Für Ihren herausragenden Beitrag zur Menschlichkeit unserer Gesellschaft“

Unter die Namen der jeweiligen Preisträgerin hat Marcus Kiel diese Begründung zur Vergabe des diesjährigen Brost-Ruhr Preises in eine Edelstahlplatte graviert. Seit Beginn gestaltet der 1964 in Bochum geborene Künstler die Auszeichnung, die in diesem Jahr an die drei Palliativ-Medizinerinnen Dr. Marianne Kloke, Dr. rer. nat. Ferya Banaz-Yasar sowie Dr. Nicole Selbach verliehen wurde.

„Als Künstler beschäftige ich mich seit Jahren mit dem Wandel des Ruhrgebietes, es war eine große Ehre und Freude den Brost-Ruhr Preis gestalten zu dürfen“, erklärt Kiel. „Die Idee war, nichts zu machen, was eine zweidimensionale Fläche hat und statisch ist, sondern etwas, das für den Betrachter des Preises verschiedene Blickwinkel und Perspektiven bietet.“

Nach dem Studium der Freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig 1990/92 lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in Bochum. Seine Arbeiten sind politisch-gesellschaftskritisch geprägt, wie etwa die Installation „Altes Eisen“ auf der Zeche „Hannover“. Er arrangierte dort u.a. im Hof der Maschinenhalle 350 Paar Arbeitsschuhe ehemaliger Kumpel als Symbol einer vergangenen Industrieepoche. Mit 128 stählernen Porträts an der Stirnseite der Maschinenhalle setzte er den Kumpeln ein persönliches Denkmal. Die Fundstücke stehen für eine Vergangenheit verlorener Geschichten. „Marcus Kiel will, dass wir diese Geschichten wiederfinden“, sagt Francisco Brugnoli, Direktor des Museums für zeitgenössische Kunst, Santiago de Chile.

Für den Brost-Ruhr Preis hat Kiel Stahl als Rohstoff gewählt, „weil Stahl die Schwerindustrie des Ruhrgebietes symbolisiert“ (Kiel). Er nutzt es in zwei Varianten. In eine Corten-Stahlplatte fräste er die Umrisse des Ruhrgebietes, diese wird mit einer Platte aus Edelstahl hinterlegt. Diese trägt die persönlichen Daten des Preisträgers sowie die Begründung für dessen Auszeichnung. Vor den Medizinerinnen erhielten bereits NRW-Innenminister Herbert Reul sowie der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen den außerdem mit 25.000 Euro dotierten Preis.

Das Ruhrgebiet war Heimat von Anneliese Brost, deshalb ist es auch Förderschwerpunkt der Brost-Stiftung. Die Transformation zur Metropole Ruhr führte in den letzten Jahrzehnten zu einem vielschichtigen Lebensraum.

Dieser Wandel ist stetig und vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen. In der Form- und Materialsprache nehme ich diese Aspekte gestalterisch auf.

Marcus Kiel

Gemeinsam mit dem kanadischen Künstler Carey Newman arbeitet Kiel in einem Projekt der Brost-Stiftung an der Umsetzung der Herausforderungen des Strukturwandels in eine künstlerische Darstellungsform. Das Ziel des Projektes ist, Künstler aus den verschiedenen Regionen in einen engen künstlerischen Austausch zu bringen.

Dabei betrachten die Künstler folgende Themenschwerpunkte:

  1. Die Verbindung von Eisen & Holz ist die Verbindung von Ökonomie & Ökologie.
  2. Umgang/Nutzung von Ressourcen (Kohle + Holz).
  3. Der Wandel und Verlust der Heimatregion.

Die Annäherung an diese Themen erfolgt durch gegenseitige Hospitationen, thematische Experteninterviews und die Erstellung von Skulpturen. Beide versuchen, auf globale Probleme eine regionale Antwort beziehungsweise Reaktion vor Ort und in ihrem täglichen Umfeld zu geben. „Dieses interkulturelle Kunstprojekt ist hervorragend geeignet, einen Raum zu schaffen, in dem man sich mit Offenheit und Neugier begegnen kann, in dem Pluralität aber auch Widersprüchlichkeit zugelassen sind und so neue gemeinsame Ideen entwickelt werden können“, heißt es in der Projektbegründung des Vorstandes.