M.U.T. ‒ Männer und Taten Dortmund
Am runden Tisch der positiven Männlichkeit
Männergruppen sind ein geschützter Raum, in dem man über alle Themen rund ums Mannsein sprechen kann. Auch im Ruhrpott gibt es zahlreiche solcher Angebote. Einer Gruppe in Dortmund geht es vor allem darum, selbst aktiv zu werden. Daher auch ihr Name: „Männer und Taten“ – abgekürzt M.U.T.
Günter hat den Redestab in der Mitte des runden, weißen Küchentischs platziert, zwischen die Kaffeetassen mit dem Bahnlogo und dem No-Name-Kaffeeweißer. Der Redestab ist eine Eigenkreation von Günter, der Eichenholz aus dem Castrop-Rauxeler Stadtwald mit einer Weinstockwurzel von der französischen Atlantikküste und einem Sockel aus Dolomitstein so gestaltet hat, dass daraus ein wichtiges Ritual-Tool für die Gruppe geworden ist. Mit seiner aufgebrachten Vergoldung wirkt der Redestab wie ein Pokal, dabei hat er eine ganz andere Bedeutung: Wer ihn heute Abend in die Hand nimmt, darf völlig frei sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Selbst wortlose Meinungsäußerungen wie ein Schulterzucken oder Räuspern sind dann untersagt – Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.
So geht es jeden Dienstag, wenn sich in einem ganz normalen Mehrfamilienreihenhaus in Dortmund-Wambel die Männergruppe trifft, deren Name auf dem vergoldeten Pflock auf dem Küchentisch steht: „Männer und Taten“. Heute Abend sind bei M.U.T. fünf Männer im Alter von 50 bis 66 zusammengekommen, alles echte Ruhrpottler, bis auf Josch, den Rheinländer. Der hat mal im Ruhrgebiet gewohnt und die Männergruppe so ins Herz geschlossen, dass er gern mal eine gute Stunde Auto fährt, um weiter mit dabei zu sein. Dabei verbindet den Kern der Männergruppe nicht nur Herkunft und Alter, sondern auch geteiltes Leid – fast jeder hier muss mit einer Einschränkung klarkommen, von Multipler Sklerose über Autoimmunerkrankungen bis hin zu Parkinson. In der Runde fühlen sie sich sicher und akzeptiert, so wie sie sind – auch wenn es bei M.U.T. nicht vordringlich darum geht und es auch immer wieder Mitglieder ohne solche Einschränkungen gibt.
„Wir wollen nicht die typische Stammtischrunde sein, sondern ein Ort, wo der Mann mal als Mann aus sich rauskommen kann.“
Matthias, 61, Mitgründer der Männergruppe M.U.T.
„Als wir uns 2021 gefunden haben, dachten einige, dass wir uns hier treffen, um über Frauen, Fußball und Autos zu reden“, erinnert sich Matthias, 61, einer der Gründer. „Da haben wir aber schnell klargemacht, dass wir nicht die typische Stammtischrunde sein wollen, sondern ein Ort, wo der Mann mal als Mann aus sich rauskommen kann.“
Jetzt nimmt Eugen, 57, den Redestab in die Hand: „Wie ihr wisst, bin ich ja in einem grundlegenden Lebenswandel und gerade dabei, die Nachbeben meiner Scheidung zu verarbeiten, aber das geht ganz smooth zum Glück, trotz kleinerer rechtlicher Probleme. Dann das Thema Arbeit, Wandel, neue Beziehung, das ist so ein Auf und Ab mit aufsteigender Tendenz. Ich freue mich, darüber mit euch zu reflektieren.“ Dann schließt er seine Rede, wie alle hier, mit der Winnetou-Vokabel „Howgh!“, worauf die gesamte Runde antwortet: „Howgh!“
Neben dem allwöchentlichen offenen Gespräch bietet die Gruppe ihren Mitgliedern auch immer wieder besondere Aktionen wie einen selbstorganisierten Streitkultur-Workshop oder einen intensiven Trommelabend. „Was wir hier kultivieren wollen, ist so etwas wie positive Männlichkeit“, fasst Eugen zusammen. „Dass man sich also dazu bekennt, ein Mann zu sein und schaut, was da alles Vielfältiges mit verbunden ist. Wir wollen uns hier nicht streiten, sondern uns selbst erforschen und nach den Treffen mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.“
Für die Zukunft hat M.U.T. noch so einiges geplant, vor allem Günter, der Heilpraktiker für Psychotherapie ist, kann sich vorstellen, Interessierte an anderen Orten zu beraten, die darüber nachdenken, eine eigene Männergruppe zu gründen.