Direkt zum Inhalt wechseln

Freundschaft trotz(t) Pandemie

Im Rahmen des deutsch-niederländischen Schüleraustausches gucken beide Seiten die guten Ideen beim Nachbarn ab

Corona macht Grenzen wieder spürbar! Umso wichtiger ist es, Projekte nicht aus dem Fokus zu verlieren, die grenzenlos gute Nachbarschaft unterstützen wollen. So wie der deutsch-niederländische Schüleraustausch.
Auf Initiative der Brost-Stiftung hatten jeweils rund 300 deutsche Schüler*innen pro Jahr im Rahmen des Austauschs eine niederländische Gastfamilie kennen gelernt, ebenso umgekehrt. Mit dem Partnerschaftsprojekt soll das kulturelle Verständnis zwischen 14- bis 15-jährigen Jugendlichen beider Nachbarländer gefördert werden. Anfang des vergangenen Jahres bremste die Pandemie das Projekt jedoch hart aus, der deutsch-niederländische Jugendaustausch ruht seitdem. Aber er ist nicht in Vergessenheit geraten, auch wenn aktuell keine direkten Kontakte erlaubt sind.
„Reisen bildet und reisen bindet. Bindungen brauchen Begegnungen. Gute Nachbarschaft muss gepflegt werden. Die Brost-Stiftung macht viel für gute Nachbarschaften.“, sagt Stiftungsvorstand Professor Bodo Hombach.

„Abgucken“ beim Nachbarn NRW

In vielen Bereichen orientieren sich die Niederlande an den Regelungen in Nordrhein-Westfalen. Nicht nur grenzen die beiden Regionen aneinander, mit jeweils gut 17 Millionen Einwohnern sind sie auch in ihrer Größe vergleichbar. „Für die Niederländer ist es ohnehin unverständlich, dass es in Deutschland nicht die eine Regelung gibt, sondern 16 Regelungen“, erklärt Dirk Brengelmann, deutscher Botschafter in den Niederlanden. Er hat den Jugendaustausch von Beginn an unterstützt. Und so ähnelt sich auch der Schulalltag unter den aktuellen Bedingungen: Seit Wochen werden die Kinder und Jugendlichen in beiden Ländern im Wechsel unterrichtet. Die Klassen sind geteilt, für eine Gruppe ist Homeschooling angesagt, für die andere steht Präsenzunterricht auf dem Plan, wochenweise wird getauscht. Wie gut das klappt, variiert in Deutschland allerdings von Schule zu Schule.
Die Schüler des Helmholzgymnasiums Witten bei Ihrer Partnerschule in Spijkenisse (NL, 2019)
Die Schüler des Helmholzgymnasiums Witten bei Ihrer Partnerschule in Spijkenisse (NL, 2019)

Digitaler Unterricht klappt in den Niederlanden besser

Beim Thema Digitalisierung sind die Niederlande den deutschen Nachbarn weit voraus. Während es in NRW vielerorts nur schlechte Internetverbindungen gibt und Tablets oder Laptops für die Schüler*innen fehlen, arbeiten Kinder und Jugendliche jenseits der Grenze schon seit einigen Jahren online. Unterricht streamen? Technisch kein Problem! Prüfungen im Netz? Geht! „Das ist ein sicheres Plus an unseren Schulen. Die Schüler*innen können hier schuljahresweise ein Laptop mieten. In einigen Fächern wird gar nicht mehr mit Büchern gearbeitet, sondern nur noch mit Online-Lehrmaterial“, erklärt Kirsten Mommer, Lehrerin am Sophianum in Gulpen. Davon waren auch die deutschen Schüler*innen bei ihren Besuchen im Rahmen des Jugendaustauschs sofort beeindruckt.
Auch die Lehrer wachsen im Rahmen des auf fünf Jahre angelegten Austausches zusammen. Hier 2018: Die Lehrer der Marie-Curie-Realschule Bottrop und des Marnix Collage in Ede
Auch die Lehrer wachsen im Rahmen des auf fünf Jahre angelegten Austausches zusammen. Hier 2018: Die Lehrer der Marie-Curie-Realschule Bottrop und des Marnix Collage in Ede

Entspannter Umgang mit der Pandemie

Doch in einem Punkt sind sich alle Beteiligten hüben wie drüben einig: Der Wechselunterricht ist anstrengend, völlig unabhängig von technischen Gegebenheiten und anderen Schwierigkeiten. Alle sehnen sich nach Normalität. „Bis dato war mein Eindruck, dass man in den Niederlanden im Umgang mit der Pandemie relativ entspannt geblieben ist. Diese Entspanntheit hat aber auch eine Kehrseite. Sie schlägt sich zum Teil in den hohen Inzidenzwerten nieder“, so Brengelmann. Erst in den letzten drei Monaten habe sich „eine Art zweiter Blick“ eingestellt, der zum Umdenken geführt habe. In Deutschland hingegen sei der allgemeine Stolz auf das gute Krisenmanagement in der ersten Welle schnell der Kritik an allen weiteren Entscheidungen gewichen. Bei allen kontroversen Debatten über politische Entscheidungen und ihre Effizienz sind die persönlichen Freundschaften, die im Rahmen des Austauschs entstanden sind, lebendig. „Sowohl die Schüler*innen als auch wir Lehrerinnen und Lehrer sind in Kontakt geblieben. Und wir wünschen uns natürlich, dass wir uns bald auch wieder gegenseitig besuchen können“, so Mommer. Die Initiatoren hoffen, dass spätestens im kommenden Jahr wieder ein wenig mehr Normalität im Schulalltag einkehrt. Und dann klappt’s auch (noch besser) mit dem Nachbarn…