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Würfelzucker mit bitterer Botschaft

Ungewöhnliche Aktionen sollen im Projekt „Pop-Kultur im Schauspielhaus. Powered bei Brost“ neue Publikumsgruppen anziehen Die Welt ist nicht aus Zucker! Oder vielleicht doch? Michael Saup hat jedenfalls aus 40.000 Zuckerwürfeln eine (leicht verzerrte) Weltkarte geschaffen. Seine künstlerische Botschaft dahinter offenbart jedoch statt Süße bitterste Realität: Saup projiziert auf das Zuckerpuzzle die nuklearen Kernwaffentests seit 1945 und ihre Auswirkungen auf die Atmosphäre. Die Lichtskulptur mit dem Titel „Orbis Lumen“ bildet von Dezember 2018 bis Januar 2019 eine der Attraktionen im „Oval Office“, dem ovalen Raum im Keller des Bochumer Schauspielhauses. Der wandlungsfähige Ausstellungsort will international renommierten Künstlern Raum geben für ungewöhnliche und neuartige Formate wie Film- und Videokunst, Performance, Digital Art, Raum- und Licht-Installationen. Als Bestandteil des Projektes „Pop-Kultur im Schauspielhaus. Powered by Brost“.   Die Stiftung unterstützt in diesem Rahmen das Bemühen, Theater für neue Publikumsgruppen zu öffnen. „Das neue Schauspielhaus soll kein reines Theater für eine gealterte Elite sein. Es geht darum, Zugang zu Bevölkerungsgruppen zu finden, die sonst wenig mit Kunst und Theater zu tun haben. Vor allem jungen Leuten soll die Angst vor der Schwelle zur Hochkultur genommen werden“, heißt es in der Begründung zur Förderung des Projektes. Neben Saup zählt Matthew Barney (Ausstellung von Mai bis Juni 2019) zu den bemerkenswerten Protagonisten im „Oval Office“. Den monumentalen „Cremaster Zyklus“ des US-amerikanischen Medienkünstlers bezeichnet das britische Magazin The Guardian als größtes Filmkunstwerk seit Salvador Dalis und Luis Buñuels „Ein andalusischer Hund“. Barney verbindet assoziativ Elemente seiner eigenen Biografie mit fiktionalen Verweisen und Überlegungen zu Fortpflanzungsprozessen, die er in symbolgeladene exzessive Bildwelten übersetzt. Neben der darstellenden Kunst spielt Musik eine zentrale Rolle im Prozess der Öffnung des Schauspielhauses. Mittendrin „Ritournelle – Die lange Nacht der elektronischen Musik“, ein Fest zur Eröffnung des Bochumer Schauspiels am 27. Oktober 2018. Die Festivalnacht versucht, im eleganten 1950er-Jahre-Ambiente des Schauspielhauses, unterschiedliche musikalische Stil- und Spielarten miteinander zu vereinen. Die Veranstalter versprechen „avantgardistische Klangexperimente, queere Dance Music und Pop-Entwürfe“ abseits des europäischen Mainstreams. „So wie bei dieser Eröffnung hat man das Schauspielhaus Bochum noch nie gesehen: Die Sitze ausgebaut. Das Parkett als Tanzfläche. Die Schauspielbühne als Plattform für den musikalischen Underground. Bis in den frühen Morgen wird getanzt zu den Sounds von internationalen Bands, DJs und Live-Acts. Entweder ihr seid dabei, oder ihr werdet den Rest eures Lebens nicht dabei gewesen sein...“ Im Rahmen der Reihe „Konzerte im Schauspielhaus, powered by Brost“ stehen darüber hinaus unterschiedliche Musikstile im Vordergrund, dargeboten von  der japanischen Avantgardemusikerin Midori Takada (6.11.2018), dem südafrikanischen Queer Pop-Duo FAKA sowie dem chinesischen Elektronik-Tüftler Tzusing. Den Machern geht es dabei weniger um die Unterschiede zwischen Klassik und Pop, sie wollen die Frage thematisieren, „inwieweit Musik als Kunstform eine identitätsstiftende Rolle erfüllt“.

In der Konzertreihe im Schauspielhaus Bochum werden deshalb auch aktuelle gesellschaftliche und politische Bezüge berührt: In welchem Verhältnis steht etwa europäische Musik zu musikalischen Traditionen Afrikas, Chinas oder des mittleren Ostens? Wie beeinflussen technologische Neuerungen unser Hörverhalten? Oder ganz allgemein: Worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Geräusch und Musik?