Im Rahmen des durch die Brost-Stiftung geförderten Forschungsprojekts „Wieviel Islam gehört zu Deutschland? Integrationserfahrungen junger und alter Menschen in einer säkular geprägten Gesellschaft am Beispiel des Ruhrgebiets“ fand am 23. Februar 2016 das Essener Forum in den Räumen der Stiftung statt. Zum Thema „Integration durch Bildung und Ausbildung: Herausforderungen in der Praxis“ diskutierten erfahrene Praktiker mit Vertretern aus den vom Forschungsprojekt begleiteten Integrationsprojekten die Schlüsselrolle von Bildung und Ausbildung für erfolgreiche Integration.
Im anschließenden Vortrag führte Dr. Johannes D. Schütte in das NRW-Programm „Kein Kind zurücklassen!“ ein. Ziel des von der Bertelsmann Stiftung geförderten
Projektes sei die schon in der Schwangerschaft ansetzende Prävention, die Misserfolgen bei der Arbeitsmarktintegration schon weit vor Berufseinstieg vorbeugen soll. Dr. Schütte, der das Projekt in Duisburg und Gelsenkirchen begleitet, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass universale Ansätze und sogenannte „Leuchtturm-Projekte“ selten erfolgreich seien, weshalb das Projekt einen Schwerpunkt auf die Entwicklung maßgeschneiderter kommunaler Ansätze legt, die von den Kommunen selbst finanziert werden können. Es gehe vor allem um die Schaffung einer flächendeckenden Breite von Angeboten, weshalb „Kein Kind zurücklassen!“ nach Ende der Modellphase nun schrittweise auf weitere Kommunen in NRW ausgeweitet wird.
Franz Roggemann von der Industrie- und Handelskammer Mühlheim, Essen, Oberhausen erläuterte die wirtschaftliche Sicht auf gelungene Integration. Die IHK selber verfügt über Mitarbeiter, die sich mit den spezifischen Bedarfen von Ausbildungssuchenden mit Migrationshintergrund, wie Sprachhürden oder unklare Aufenthaltstitel, beschäftigten. Diese, so Roggemann, unterschieden sich nichtdestotrotz meist nicht fundamental von den Bedarfen Ausbildungssuchender ohne Migrationshintergrund, zentral ist auch in diesen Fällen Bewerbungstraining. Mit Hilfe dieses Angebots vermittelt die IHK jährlich ca. 80-100 Jugendliche erfolgreich an Unternehmen. Insgesamt spiele die Herkunftsfrage für die IHK jedoch nur eine untergeordnete Rolle, wichtig sei letztendlich die Unterschrift unter dem Ausbildungsvertrag und der Bedarf der Unternehmen nach qualifiziertem Personal.
Abschließend erläuterte Ina Wolbeck (Jugendberufshilfe Essen) die konkreten Herausforderungen in der Jugendhilfe. Neben der unklaren Finanzierungslage, müsse man sich jedem Ausbildungssuchenden persönlich widmen, um Status und Hintergrund mit einbeziehen zu können. Den typischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder Einwanderungsgeschichte gebe es nicht. Mit Blick auf die Vermittlung der Jugendlichen in den Ausbildungsmarkt sei es deshalb von großer Bedeutung, dass Unternehmen und Jugendliche sich kennenlernen.
In der anschließenden Diskussion fasste der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bonner Akademie und Co-Projektleiter, Prof. Dr. Volker Kronenberg, die wesentlichen Punkte zusammen. Der Wille etwas zu bewegen sei spürbar, sagte er, betonte aber gleichzeitig, dass zu oft unklar sei, wie gelungene Integration konkret aussehe und was damit gemeint sei. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass der kulturelle Hintergrund der Eingewanderten in jedem Fall miteinbezogen werden müsse, Integration dürfe nicht als Assimilation verstanden werden.
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